Putins vierte Vereidigung

Wie kann der Krieg in der Ukriane beendet werden - mit militärischen oder diplomatischen Mitteln? Einen Hinweis kann der Blick in die Vergangenheit geben. Der Einmarsch in die Ukraine ist nicht der erste Konflikt mit Waffengewalt, der von Russland ausgeht.

Ob Tschetschenien oder Georgien - wie endeten diese Auseinandersetzungen eigentlich? Militärischer Sieg, Waffenstillstand, Friedensvertrag? Oder sind die Konflikte einfach irgendwann "eingeschlafen"?

Tschetschenien

1999 ließ Wladimir Putin, damals noch Ministerpräsident Russlands, die russische Armee in Tschetschenien einmarschieren. Islamisten bedrohten die dortige moskautreue Regierung. "Wir werden die Terroristen überall verfolgen", sagte Putin damals. "Wenn im Flughafen, dann im Flughafen - wenn wir einen auf dem Klo erwischen, legen wir ihn um."

Der Krieg dauerte. Islamisten nahmen Geiseln im Moskauer „Musicaltheater“ und in einer Schule in der Stadt Beslan. Hunderte starben bei der Befreiung durch Spezialkräfte. Putin, inzwischen Präsident, ließ seine Luftwaffe die tschetschenische Hauptstadt Grosny fast völlig zerstören. Der Geheimdienst spürte Rebellenführer auf und tötete sie. Nach zehn Jahren zog die Armee aus Tschetschenien ab. Es gab dort jetzt einen moskautreuen Präsidenten, die Islamisten waren besiegt.

Georgien 2008

2008 ließ der georgische Präsident Sakaschwili das faktisch unabhängige Südossetien besetzen, das von Georgien beansprucht wurde. Russland griff mit seinen Truppen auf der Seite von Südossetien ein und auch von Abchasien, das auch nicht zu Georgien gehören wollte. Die georgischen Truppen wurden zurückgedrängt. Es kam zu einer von der EU ausgehandelten Friedensvereinbarung. Dmitri Medwedjew, damals Präsident, sagte: "Sakaschwili hat sich für Völkermord entschieden, um seine politischen Aufgaben zu lösen. Damit hat er alle Hoffnungen auf eine friedliche Koexistenz von Osseten, Abchasen und Georgiern zunicte gemacht. Russland ruft alle Staaten auf, beide Republiken anzuerkennen. Es ist eine schwere Entscheidung, aber es ist die einzige Möglichkeit, Menschenleben zu retten."

Aber neben Russland erkennen nur vier weitere Länder die beiden Republiken an. Die wurden zu militärischen Festungen ausgebaut. Auch als Drohung, falls Georgien NATO-Mitglied werden wollte.

 Krim 2014

2014 wurde die Halbinsel Krim, die zur Ukraine gehört, von sogenannten „grünen Männchen“ besetzt – Soldaten ohne Abzeichen. Später gab Putin zu, dass es russische Soldaten waren. Kurz vorher war der ukrainische prorussische Präsident Janukowitsch nach Massenprotesten gestürzt worden. Nach einem umstrittenen Blitzreferendum wurde die Krim - gegen das Völkerrecht - Teil Russlands. Beide Parlamentskammern in Moskau beschlossen das fast einstimmig, Präsident Putin unterzeichnete die Gesetze dazu. Putin hatte der NATO gezeigt: Jetzt gehört die Krim mir! Und der wichtige Militärhafen Sebastopol auch.

Die Ukraine und der Westen beschlossen Sanktionen gegen russische Politiker, aber: Die Krim gehört heute faktisch fest zu Russland. 2015 dann griff Russland in Syrien auf Seiten von Machthaber Assad ein. Putins Luftwaffe half Assad, ganze Städte - wie Aleppo - in Schutt und Asche zu bombardieren, wie vorher in Tschetschenien. Assads gefährdete Herrschaft war gerettet, Russland hat seinen geostrategischen Einfluss im Nahen Osten gestärkt.

 Aserbaidschan 2020

Als Aserbaidschan 2020 im Streit um die umstrittene Region Bergkarabach Armenien angriff - das eigentlich ein Verbündeter Russlands ist - hielt sich Putin erstmal raus. Dann aber drängte Putin beide Länder bei sich im Kreml zum Ende der Kämpfe und ließ das mit russischen Friedenstruppen überwachen. Putin inszenierte sich geschickt als kluger Vermittler: „Wir sind davon überzeugt, dass das die nötigen Voraussetzungen für eine langanhaltende und vollständige Beilegung dieses langjährigen Konfliktes schafft, was im Interesse der Völker Armeniens und Aserbeidschans ist."

Mal so diplomatisch, mal rücksichtslos brutal: Putin hat bisher jeden Krieg für sich erfolgreich abgeschlossen. Sollte er mit seinem Angriff auf die Ukraine scheitern, wäre es seine erste Niederlage.

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