Paula Lambert

Bin ich gut genug? Habe ich das gut genug gemacht? Das sind Fragen, die wir alle kennen, sagt Paula Lambert. Im Interview spricht die Journalistin und Beziehungs-Expertin darüber, wie man Selbstzweifel loswerden kann - und warum sie lieber Scheitergeschichten als Erfolgsstorys hören will.

Kennen Sie das - wenn Sie schuldbewusst lächelnd über einen frisch geputzten Boden staksen, statt einfach drüberzulaufen? Für den Boden macht das wahrscheinlich keinen Unterschied, aber uns selbst geht es besser, wenn wir der putzenden Person signalisieren: 'Hey, es tut mir leid, dass ich da jetzt drüber muss.'

Für Paula Lambert ist das ein klares Zeichen von Selbstzweifeln: „Das sind so Momente, da sind wir uns alle gleich. Dieses das-ganze-eigene-Sein in so einen komischen Kontext verschieben, der eigentlich nichts mit der Realität der anderen zu tun hat, sondern ausschließlich aus dem Gefühl gespeist wird: Die anderen finden mich jetzt sicher doof.“

Lambert ist Journalistin, Moderatorin und Autorin von mehreren Bestsellern. In ihrem aktuellen Buch erklärt sie, so sagt es der Titel, wie man Selbstzweifel für immer loswird. Denn Lambert ist nicht nur Sex-Expertin mit eigenen TV-Shows und einem Podcast, sondern eben auch Expertin für Selbstzweifel - auch wenn sie die inzwischen ganz gut im Griff hat, sagt sie: "Sonst würde ich ja auch keine Bücher darüber schreiben". Trotzdem habe sie immer noch jeden Tag Momente, in denen sie zweifelt. „Diese Fragen: Bin ich gut genug? Habe ich das gut genug gemacht? Darf ich meine eigenen Bedürfnisse in den Vordergrund stellen oder muss ich eher darauf achten, dass die Bedürfnisse anderer befriedigt werden?“

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Buchtipp

"Geh schon mal in dich, das Glück kommt dann nach: Wie du deine innere Schönheit entdeckst und dabei nach außen strahlen kannst - Selbstzweifel für immer loswerden"
Von Paula Lambert
Heyne

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"Gefühle sind nur Gedanken, keine Fakten"

Das seien Fragen, die viele kennen. Ihren Ursprung hätten sie - wen wundert’s - in der Kindheit, deshalb ließen sie sich auch nicht auf Knopfdruck oder in Wochenend-Coachings abstellen. „Das sitzt ganz, ganz tief in uns. Die prägendste Phase, die wir als Menschen erleben, ist halt die Kindheit und das Umfeld, das wir dann beobachten. Die Eltern, die leben uns ja vor, wie das Leben geht.“ Und wenn man da aufs falsche Gleis gesetzt werde, was häufig der Fall sei und meist gar nicht aus böser Absicht geschehe, dann werde es „halt so ein bisschen kniffelig. Und je schiefer das Gleis, desto länger die Arbeit.“

Selbstzweifel entstünden zum Beispiel, wenn wir in der Kindheit vernachlässigt werden. Oder wenn Eltern unsere Bedürfnisse ständig übergehen. Wenn es heißt: Du wirst aber Arzt, spielst Klavier oder der-und-der Freund kommt mir nicht ins Haus. „Aber diese Selbstzweifel wirst Du eben los, indem Du verstehst, woher sie kommen und warum sie in dem Moment kommen und welche Geschichte in Dir selbst da getriggert wird.“ Sobald man das rausgefunden habe und das wirklich abrufen könne, sei alles gut. „Weil dann weißt Du, Gefühle sind nur Gedanken. Nur Gefühle und keine Fakten.“

Nein zu anderen ist Ja zu sich selbst

Ein anderer wichtiger Schritt: Nein sagen. „Grenzen setzen ist super wichtig“, meint Lambert. „Und das ist tatsächlich auch ein guter Weg, um sich selber zu finden, indem man zu sich selbst steht.“ Das sei etwas, was viele Menschen verwechseln, „weil sie immer glauben, wenn ich Nein sage, dann sage ich Nein zu anderen. Aber in Wahrheit sagt man mit Nein Ja zu sich selbst.“

Genau darum geht’s letztlich auch, wenn Paula Lambert im Fernsehen und in ihrem Podcast über Beziehungen und Sex spricht. 'Warum gehen Beziehungen den Bach runter?' will sie in „Paula kommt“ wissen - und rät einer Frau schon mal: „Schmeiß den Kerl raus. Und dann machst Du was Schönes für Dich, zur Not schaffst Du Dir eine Katze an. Es ist wie bei jeder Sucht: Du musst nur zehn Minuten überwinden, dann geht das Gefühl weg.“

Scheitergeschichten statt Erfolgsstorys teilen

Das „Sex-Universum“ habe sich als sehr fruchtbarer Boden erwiesen und als etwas, das ihr sehr leicht gefallen sei, sagt Lambert auf die Frage, wie sie denn eigentlich zur Beziehungs-Ratgeberin geworden ist. Als gelernte Journalistin schrieb sie nach der Ausbildung an der Axel-Springer-Akademie zunächst für Blätter wie Die Welt, Geo und Die Zeit, bevor sie 2005 begann, Kolumnen zum Thema Sexualität für das Männermagazin GQ zu schreiben. „Und dann dachte ich: Naja, wie die Leute Sex haben, ist gar nicht so wahnsinnig interessant, sondern eher, warum sie den Sex haben, den sie haben, oder die Beziehung führen, die sie gerade führen. Warum so viele verweilen, obwohl sie unglücklich sind.“

Fragen, zu denen ihr Wunsch fürs Jahr 2022 passt: Dass Menschen ihre Probleme und Nöte, ihre Scheitergeschichten miteinander teilen. „Einfach damit wir wissen, das ist die Norm – und nicht diese Erfolgsstorys, die man auf Instagram sieht. Sondern die Norm ist, dass man Dinge verkackt. Und es ist schön so, weil das Leben dazu da ist, daraus zu lernen.“

Und noch eine Botschaft hat sie für alle, die glauben, es geht nicht voran: „Blickt mal zurück und schaut, wo Ihr herkommt. Und dann seht Ihr, wie weit Ihr schon gekommen seid.“

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Das Interview führte Anne Baier.

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