Peter Feldmann im Anzug, mit einem Eintracht-Schal um den Hals, geht auf einem Bürgersteig. Im Hintergrund herabgelassene Rolläden im Hochparterre eines historischen Hauses.

Einen Bürgermeister wird man nicht so leicht los - selbst, wenn sich dieser möglicherweise strafrechtlich relevante Verfehlungen leistet. Das zeigt das Beispiel des Frankfurter OB's Peter Feldmann, der am Donnerstagabend in der Stadtverordnetenversammlung erneut seinen Rücktritt abgelehnt hat. Und es gibt weitere prominente Beispiele.

Immer wieder geschieht es: Ein Oberbürgermeister, eine Oberbürgermeisterin bekommt Ärger mit der Justiz: Statt alles dafür zu tun, zum Vorteil ihrer Stadt zu arbeiten, sollen sie ihr Amt ausgenutzt haben, etwas für sich oder für Freunde und Bekannte zu tun. Aktuell ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen Frankfurts Oberbürgermeister Peter Feldmann, SPD. Wie auch bei Feldmann, wird eigentlich fast immer, sobald die Justiz ins Spiel kommt, der Ruf nach einem Rücktritt laut. So auch in Frankfurt, wo gestern per Antrag in der Stadtverordnetenversammlung Feldmann dazu auffordert, wurde sein Amt niederzulegen.

Abwahl oder Rücktritt?

Manches Stadtoberhaupt hat dann ein Einsehen, aber viele auch nicht, und sie versuchen, im Amt zu bleiben – weil sie sich zu Unrecht verdächtigt fühlen und, meist vergeblich, hoffen, die Stimmung, die gegen sie ist, wieder zu ihren Gunsten zu drehen. In Hessen und anderswo gibt es aber auch das Instrument der Abwahl, das Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung steht, um ein, bei ihr in Ungnade gefallenes, Stadtoberhaupt loszuwerden. In Hessen wurden bisher zehn Bürgermeisterinnen und Bürgermeister abgewählt, drei überstanden einen solchen Antrag, und acht traten von sich aus zurück, nachdem das Kommunalparlament ihnen das Misstrauen ausgesprochen hatte.

Diese Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister hat dieses Schicksal ereilt:

Margret Härtel, CDU, war als Oberbürgermeisterin von Hanau als „Macherin“ sehr beliebt. Dann aber kam heraus, dass sie 700.000 Euro aus dem Haushalt ohne Beschluss ausgegeben hatte. Sie hatte sich zu einem privaten Arzttermin im Dienstwagen von Straßburg nach Warschau fahren lassen, auf Kosten der Stadt. Diese Tat räumte sie ein. Auch Privatessen auf Stadtkosten und Übernachtungen in Luxushotels wurden ihr vorgeworfen. Hanaus Magistrat, die Stadtverordnetenversammlung und auch ihre eigene CDU entzogen ihr das Vertrauen. Zurücktreten wollte sie nicht – Margret Härtel wurde dann mit einer eindeutigen Mehrheit der Wählerinnen und Wähler von fast 90 Prozent abgewählt – nachdem die Staatsanwaltschaft kurz vorher Anklage gegen sie wegen Untreue erhoben hatte. Sie versuchte noch, ihre Abwahl vor dem Verwaltungsgericht anzufechten, aber vergeblich. Nachdem sie eine Geldbuße bezahlt hatte, wurde die Klage eingestellt. Mit ihrem Nachfolger Claus Kaminsky, SPD, schloss sie später öffentlich Frieden und sie blieb ehrenamtlich in Hanau aktiv.

2010 starben bei der „Love Parade“-Katastrophe in Duisburg 21 Menschen. Die politische Verantwortung für das Sicherheitskonzept, das nicht funktioniert hatte, sahen viele bei Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland, CDU. Politiker aller Parteien, auch aus der CDU, drängten ihn zum Rücktritt. Sauerland aber weigerte sich. Auch wenn er die "moralische Verantwortung" für das Ereignis übernahm. Erst zwei Jahre später wurde es in NRW möglich, Bürgermeister per Bürgerentscheid abzuwählen. Die „Bürgerinitiative Neuanfang für Duisburg“ stellte einen Abwahlantrag. Die Stimmung gegen Sauerland war eindeutig. Die Duisburger wählten ihren OB mit großer Mehrheit ab und Adolf Sauerland räumte sein Scheitern ein. Die Justiz ermittelte nie gegen den abgewählten OB; gegen 10 Beschuldigte wurden nach Jahren die Verfahren wegen geringer Schuld eingestellt.

Öfter aber scheuen Stadtoberhäupter den Stress einer Abwahl

So wie der OB von Hannover, Stefan Schostok von der SPD. Er ließ vor drei Jahren nach einer Anklage wegen Untreue auf eigenen Wunsch in den Ruhestand versetzen; vor kurzem wurde er zu einer Geldstrafe verurteilt.

Oder Sven Gerich von der SPD, Ex-OB von Wiesbaden: Er trat nach Ermittlungen gegen ihn wegen Vorteilsnahme 2019 nicht mehr an. Die Ermittlungen wurden zwar eingestellt, aber: Nach seiner Amtszeit wurde Gerig wegen eines anderen Falles zu einer Geldstrafe verurteilt.

Aktuell ist der parteilose OB von Halle in Sachsen-Anhalt Bernd Wiegand im vorläufigen Ruhestand; er ist angeklagt, Stadträten und Mitgliedern der Verwaltung Corona-Impfdosen verschafft zu haben, obwohl erst einmal viele andere vor ihnen dran gewesen wären.

Sendung: hr-iNFO "Aktuell", 8.6.2022, 6 bis 9 Uhr