Bürokratiemonster oder Pandemie-Bezwinger? Streit über das Impfregister

Die Debatte um eine allgemeine Impfpflicht läuft im politischen Berlin auf Hochtouren. Eine zentrale Frage dabei ist, wie sie durchgesetzt werden kann – und ob es dazu ein zentrales Impfregister geben muss. Die Antworten der Politik dazu sind gespalten. Ein Überblick.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach von der SPD ist für eine allgemeine Impfpflicht für alle ab 18 Jahre. Aber sie soll unbürokratisch sein und "bevorzugt ohne Impfregister auskommen. Es soll auch keine neuen Meldestrukturen geben", so Lauterbach in einem Zeitungsinterview (Redaktionsnetzwerk Deutschland) vergangene Woche. Auch sein Parteikollege und Bundeskanzler, Olaf Scholz, hatte ein zentrales Impfregister zuletzt skeptisch gesehen und setzt auf eine unbürokratische Lösung zur Impfpflicht.
Ein Impfregister würde den Corona-Impfstatus aller in Deutschland gemeldeten Personen zentral erfassen. Während einige komplett dagegen sind, sprechen sich manche nur für stichprobenartige Kontrollen aus – wie etwa die Linken-Gesundheitspolitikerin Kathrin Vogler. Und wieder andere halten so ein nationales Impfregister für den einzigen Weg, eine mögliche allgemeine Impfpflicht zu kontrollieren. SPD-Bundestagspräsidentin Bärbel Bas etwa glaubt, nur damit Fälschungen bei der Impfpflicht vermeiden und Menschen gezielt für Impftermine erreichen zu können.
"Wichtige Voraussetzung zur Umsetzung"
Auch der designierte CDU-Vorsitzende Friedrich Merz kann sich eine Impfpflicht ohne Impfregister nicht vorstellen: "Der Staat, der eine Impfpflicht anordnet, müsste ja vielleicht mal wissen, wer geimpft ist und wer noch nicht geimpft ist. Und solange diese Fragen nicht wirklich geklärt sind, sehe ich mich nicht in der Lage, zu einer allgemeinen Impfpflicht in Deutschland zuzustimmen."
Merz sieht es wie der Großteil der Unionspolitiker – darunter auch Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier. Für den Parlamentsgeschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei, muss für eine Impfpflicht ein Impfregister ebenfalls zwingend her. "Ich halte das für eine wichtige Voraussetzung auch für die Frage, inwieweit man eine Impfpflicht in Deutschland umsetzen kann", so der CDU-Politiker im Interview mit Bild Live Anfang Januar.
In der Woche ab dem 24.1. läuft im Bundestag die sogenannte Orientierungsdebatte zum Thema Impfpflicht. Danach werden wohl mehrere Gruppenanträge für oder gegen ein entsprechendes Gesetz auf den Tisch gelegt – möglich, weil der Fraktionszwang bei der Entscheidung über eine Impfpflicht aufgehoben ist. Den einzelnen Gruppenvorschlägen können sich also Abgeordnete verschiedener Parteien anschließen.
Ende der weiteren Informationen"Enormer bürokratischer Aufwand"
Fast genauso klang es in dieser Woche beim CSU-Gesundheitspolitiker Stephan Pilsinger. Zustimmung kommt auch aus den Reihen der Grünen – etwa von Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha. Grünen-Fraktionsvize Maria Klein-Schmeink hält im Interview mit der Zeitung Welt allerdings dagegen: "Vor allem die Erfassung aller bereits geimpften Personen würde einen enormen bürokratischen Aufwand bedeuten."
Die Bürokratie schreckt auch Bundesjustizminister Marco Buschmann vom Ampelkoalitionspartner FDP: Er schließt ein Impfregister zwar nicht kategorisch aus, sieht es aber skeptisch. Bei der Impfpflicht ist Buschmann ebenso unentschieden wie zuletzt sein Parteichef Christian Lindner. Andere FDPler rund um Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki haben bereits einen Entwurf zum Thema Impfpflicht vorgelegt mit dem Ziel, eine allgemeine Impfpflicht samt umstrittenem Impfregister zu verhindern.
"Datenschutzrechtlich machbar"
Die AfD lehnt die allgemeine Impfpflicht und ein zentrales Impfregister nach Parteiangaben geschlossen ab. Dem von mehreren Seiten eingebrachten Einwand, dass so ein Register nicht mit dem Datenschutz vereinbar sei, widerspricht der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber von der SPD: "Es gibt schon heute zentrale Register. Das zeigt, es ist datenschutzrechtlich machbar. Wenn es allein darum ginge, die Impfpflicht zu überprüfen, braucht es kein nationales Impfregister. Wenn man andere Ziele wie epidemiologische Forschung dazu nimmt, kann es sein, dass das Register am Ende die geeignete und einzig geeignete Form ist. Dann muss es eben datenschutzkonform ausgestaltet werden, aber das geht."
Um einen möglichen Verstoß gegen den Datenschutz prüfen zu können, müsse sich die Politik allerdings erst einmal über die Ziele eines zentralen Impfregisters einigen, so Kelber – und dann nachweisen, dass das Register für die gesteckten Ziele auch wirklich notwendig ist.