Corona-Proteste in Hessen Mit Löwenzahn und Ingwer gegen das Virus

Am Wochenende gab es in mehreren hessischen Städten Proteste gegen die Corona-Politik. In den Reden fand sich Geschichtsrevisionismus, der dem legitimen Protest schade, sagt der Politikwissenschaftler Wolfgang Schroeder.
Auf dem Friedrichsplatz in der Kasseler Innenstadt haben sich rund 350 Menschen versammelt. Mal mit Maske, mal ohne. Normale Bürger aller Altersgruppen machen mit, manche mit Schildern: "Keine Masken für Kinder" heißt es da oder "Nein zur Impfpflicht". Viele hören Gastredner Hermann Ploppa zu. Der umstrittene Marburger Buch-Autor war Bundestagskandidat für die Querdenker-Kleinst-Partei "Die Basis" und übt sich in merkwürdiger Rhetorik: "Wir werden hier weiter diese Gesellschaft retten und wir haben die Verpflichtung dazu, wir haben die Verpflichtung für unsere Vorfahren!"
Begeisterung löst er nicht aus, Widerspruch auch nicht. Ähnliche Proteste gegen die Corona-Politik gibt es in Frankfurt, Darmstadt, Herborn oder auch in Baunatal. Hier finden sich Familien mit Kindern ein, die Jüngsten fahren im Bollerwagen mit. Viele tragen ein Grablicht vor sich her. Eine Teilnehmerin erzählt, dass sie die 2G-Regelung ungerecht findet: "Die Stadien waren voll mit tausenden von Menschen und ich bin nirgends hingegangen die ganze Zeit und werde dann behandelt wie jemand, der eine Virenschleuder ist. Diese Ungleichbehandlung, nachdem bekannt ist, dass Geimpfte das Virus genauso übertragen können, wenn auch in geringerer Zahl."
Eine andere Frau berichtet uns von angeblich ganz vielen Fehlgeburten nach einer Corona-Schutzimpfung bei Schwangeren. Sie empfehle daher Löwenzahn und Ingwer gegen das Virus.
Verunsicherte, Frustrierte, Impfskeptiker und Verschwörungserzähler
Nach der Demonstration im nordhessischen Baunatal mit rund 400 Teilnehmern gibt es eine Kundgebung. Deutlich weniger Menschen hören noch einer Frau zu, die sich Elke nennt: "Was war denn nach der Kapitulation? Was haben die Alliierten gemacht? Sie haben die Deutschen in Anführungszeichen in Handschellen gelegt. Und wenn ihr jetzt nicht anfangt zu reflektieren, was wirklich in Euch blüht und in Euch ruht - noch ist die Schlacht nicht verloren!"
Für den Politikwissenschaftler Wolfgang Schroeder von der Uni Kassel ist das Geschichtsrevisionismus. Solche Reden würden dem legitimen Protest schaden: "Es ist ihr gutes Recht zu demonstrieren. Aber dieses sich gemein machen mit den Rechten, das erachte ich schon ein Stück weit als Delegitimierung dieser Gruppe, die für sich selbst in Anspruch nimmt, dass sie doch eigentlich auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung steht."
Polizei: Freund und Feindbild
Die Protest-Spaziergänge werden im Netz organisiert und sind oft unangemeldet, um Auflagen zu umgehen. In Baunatal verläuft alles friedlich, fast auch in Kassel: Hier versuchten etwa 35 linke Gegendemonstranten, den Spaziergang zu stören und wurden von der Polizei aufgehalten. In den Telegram-Kanälen der Spaziergänger wird die Polizei dafür gefeiert – dieselbe Polizei, die auch schon als "Söldner des Verbrecherregimes" verunglimpft wurde.