Ständer mit den Tageszeitungen Frankfurter Rundschau und FAZ

Seit etwa zehn Jahren greifen immer weniger Leute zur gedruckten Zeitung. Das ist in Hessen nicht anders als in anderen Bundesländern, und doch unterscheidet sich der Zeitungsmarkt hier noch von anderen. Was das Besondere ist und wie sich Markt und Journalismus durch sinkende Auflagen verändern: ein Überblick.

Er ist anders als in anderen Bundesländern, der Zeitungsmarkt in Hessen. Einerseits geprägt durch starke überregionale Titel wie der Frankfurter Allgemeinen Zeitung oder der Frankfurter Rundschau. Gleichzeitig ist der ländliche Raum geprägt von vielen lokalen Blättern.

"Ein Ergebnis ist zum Beispiel, dass es noch in vielen Landkreisen zwei Zeitungen gibt für die Leserinnen und Leser. Auch das ist in manchen Bundesländern nicht mehr der Fall", sagt Mika Beuster. Er ist Lokaljournalist, leitet die Tagesredaktion des Weilburger Tagesblatts und ist stellvertretender Bundesvorsitzender des Deutschen Journalistenverbandes.

Wenige Konzerne, die sich den Markt aufteilen

Allerdings stecken hinter der Vielfalt der Zeitungstitel mittlerweile einige wenige Konzerne, die sich den Markt in Hessen aufteilen, sagt Ellen Sandrock-Becker. Sie ist bei Verdi zuständig für die Koordination des Bereiches Medien und blickt kritisch auf den Zeitungsmarkt: "Also wenn man sich das genauer anschaut, dann sieht man, dass sich in Hessen zwei große Konzerne, nämlich die VRM und die Ippen-Gruppe, die meisten Titel aufteilen."

Unabhängig auf dem Zeitungsmarkt sind heute noch das Rüsselsheimer Echo, die Gelnhäusener Neue Zeitung oder der Flörsheimer Anzeiger. Eine aktuelle Übersicht darüber gibt es aber nicht. Auch wer sich die Verkaufszahlen genauer anschauen will, geht leer aus. Es gibt keine Statistik über die Auflagen in Hessen.

Jüngere lesen eher digital

Eine Anfrage der SPD im Hessischen Landtag von 2019 spricht von 666.000 Zeitungen, die täglich in Hessen verbreitet werden. Fest steht, dass die Auflagen auch hierzulande zurückgehen, sagt Sandrock-Becker: "Bisher war es immer so, dass die regionalen Zeitungen, also die lokalen Blätter, sich dem noch ganz gut entgegengestemmt haben, weil die ein sehr treues Lesepublikum haben, aber auch da wird es immer schwieriger."

Mika Beuster von der Lokalzeitung Weilburger Tagesblatt macht das auch am demografischen Wandel fest: "Die Alterung, die Schrumpfung der Gesellschaft, die spiegelt sich im Zeitungsmarkt wider." Die Besonderheit sei dabei, dass sich vor allen Dingen die jüngeren Leser für Printprodukte "nicht so sehr bewegen lassen, die dann aber vor allen Dingen auch in die digitalen Angebote gehen."

Corona als "Brandbeschleuniger"

Zeitung ist heute nicht mehr nur die klassische Printausgabe, sondern zunehmend auch die digitale Ausgabe in Form von ePaper und Online-Angebote. Die Liebe, die treue Leser ihrer Printausgabe gegenüberbringen, ist aber mit nichts vergleichbar: "Dieses Haptische, die Zeitung anzufassen, das ist für viele Leser doch noch ein Wert an sich, dass man morgens beim Frühstück die Zeitung hat. Der eine Teil, der Sportteil, der wandert vielleicht an die eine Seite des Frühstückstischs, der andere Teil auf die andere."

Corona hat allerdings auch hier wie eine Art Brandbeschleuniger gewirkt, wenn es um die Digitaliserung der Zeitungen geht, sagt Mika Beuscher. Die Redaktionen waren zwar auch schon vorher digital, agieren aber nun mehr denn je auch im Netz: "Also sowohl in den Sozialen Netzwerken, in ePapern, in digitalen Webangeboten sind Journalist:innen in Hessen, aber auch in ganz Deutschland aktiv und stoßen dort auch auf ein enormes Interesse der Nutzerinnen und Nutzer und der Leser:innen."

Arbeit von Journalisten ändert sich

Das verändere auch die Arbeit der Journalisten. Denn sie könnten online noch schneller auf die Wünsche der Leser reagieren. Auch die geringeren Produktionskosten führen dazu, dass ePaper noch mehr an Bedeutung gewinnen.

Aber Beuster ist sich sicher: Die gedruckte Zeitung wird es trotzdem auch weiterhin geben, wenn auch in geringeren Auflagen. Das komplette Einstellen von Printausgaben wäre ein Verlust von Kultur und Journalismus.

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Verlage rufen nach staatlicher Hilfe

Die Auflagen von Zeitungen sind seit Jahren im Sinkflug. 1991 wurden noch rund 27 Millionen Exemplare verkauft, im vergangenen Jahr war die Gesamtauflage aber um die Hälfte zusammengeschrumpft – auf zwölf Millionen.

Schon länger rufen die Verlage nach staatlicher Hilfe, um das Überleben der freien Presse und vor allem das der Printausgabe zu sichern. Im Frühjahr 2021 wollte die GroKo dann eigentlich ein großes Presseförderungsprogramm verabschieden, 220 Millionen Euro stark. Aber auf den letzten Metern wurde es zu Fall gebracht.

Nun ist die Ampel am Ruder, und die hat sich ins Koalitionsprogramm geschrieben: „Wir wollen die flächendeckende Versorgung mit periodischen Presseerzeugnissen gewährleisten und prüfen, welche Fördermöglichkeiten dazu geeignet sind.“ Was auch immer das im Details heißen mag.

Der Präsident des Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDVZ) und Springer-Chef Mathias Döpfner will jedenfalls schon bald wieder auf der Matte stehen bei der neuen Koalition und auf Hilfe pochen. Er fordert vor allem Geld, um die Zustellung der Print-Ausgaben weiterhin gewährleisten zu können.

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