Hessen Wie sich die steigenden Energiepreise auf Verbraucher auswirken

Sprit, Heizöl und auch Strom werden europaweit immer teurer. Welche Auswirkungen das für Verbraucherinnen und Verbraucher in Hessen hat: ein Überblick.
Wer aktuell mit Gas heizt und dieses etwa von den Stadtwerken Viernheim oder Bad Vilbel bezieht, muss tief in die Tasche greifen. Bei diesen Anbietern sind die Preise um etwa 13 Prozent gestiegen. Für eine Familie mit eigenem Haus heißt das: knapp 200 Euro mehr im Jahr an Heizkosten. Und das wird wohl noch weitere Gasanbieter betreffen. Die Energieversorger, die nicht wie üblich mehrere Jahre im Voraus für die Kunden eingekauft haben, müssen nun am Energiemarkt sehr viel bezahlen, sagt Tobias Federico vom Beratungsunternehmen Energy Brainpool.
Preise haben sich verdreifacht
In den letzten Jahren hat eine Kilowattstunde Strom für die Versorger im Einkauf vier Cent gekostet. Aktuell ist der Preis dreifach so hoch mit zwölf Cent: "Daher erwarten wir gerade bei solchen Playern, das sind üblicherweise nicht etablierte Energieversorger - also kommunale Unternehmen -, sondern Privatunternehmen, dass wir, solange die Energiepreise hoch sind, noch weitere Pleiten erleben werden", sagt Federico. Eine Kundenneuausrichtung finde so nicht mehr statt.
Denn würden die Energieversorger neue Kunden aufnehmen, rentiert sich das Geschäft nicht mehr. Ähnlich wie beim Strom haben sich die Preise beim Erdgas verdreifacht von früher zwei Cent pro Kilowattstunde auf nun sechs Cent. Tobias Federico vergleicht das mit einer Party, "bei der ich Bier im Vorfeld eingekauft habe, aber es kommen wesentlich mehr Gäste." Dann müsse man halt an die Tankstelle gehen und entsprechend teuer Bier nachkaufen. "Wenn jetzt Neukunden dazu kommen und ich mit denen nicht gerechnet habe, müssen diese Neukunden neu beschafft werden am Großhandelsmarkt zu sehr teuren Preisen."
Einlass-Stop für Neukunden
Deswegen verhängen Energieversorger für Neukunden derzeit einen Einlass-Stop. Parallel dazu gibt es bereits die ersten Billigversorger, die ihren Kunden den bereits bestehenden Vertrag gekündigt haben, weil sie sich aus dem Geschäft der Energieversorgung zurückziehen. So hat es Stefan Henkel aus Oestrich Winkel aktuell mit seinem Anbieter, der Deutschen Energiepool GmbH, erlebt: "Das war natürlich eine sehr bittere Überraschung, dass ich jetzt so aus dem heiteren Himmel zu Beginn der Heizsaison so eine Mitteilung kriege, da steht man erstmal mit kalten Füßen da." Er müsse jetzt einen deutlich teureren Tarif in Kauf nehmen, habe aber andererseits froh sein können, dass er überhaupt einen gefunden habe.
Auch die Rheinische Elektrizitäts- und Gasversorgungsgesellschaft hat ihren Kunden in Hessen die Verträge gekündigt. Peter Lassek, Rechtsberater bei der Verbraucherzentrale Hessen, vermutet dahinter eher Kalkül. Weil Billiganbieter die Kunden zuerst mit Dumpingpreisen locken, sie dann aber im Regen stehen lassen würden: "Und so ist es hier passiert. Der Kunde hat monatelang über den Sommer hinweg, als nicht geheizt wurde, einen hohen Grundpreis von 80 Euro monatlich gezahlt, das wurde abgebucht. Und jetzt rechtzeitig zum Herbstbeginn, wo sich das hätte rechnen können, hätte man von einem günstigen Arbeitspreis profitiert. Dazu ist es jetzt eben nicht mehr gekommen und das ist aus unserer Sicht ein Unding."
Warten auf Nord Stream 2?
Betroffene, deren Strom- oder Gasanbieter ihnen jetzt die Verträge gekündigt haben, brauchen sich aber keine Sorgen zu machen. Sie fallen zurück in die Grundversorgung vom lokalen Energieversorger. Das allerdings zu hohen Preisen, da auch der lokale Energieversorger mit den neuen Kunden nicht gerechnet hatte und nun Strom und Gas teuer am Markt neu einkaufen muss.
Der Energieberater Tobias Federico vermutet, dass das hohe Preisniveau, ausgelöst durch den geringen Gasimport aus Russland und die gleichzeitig hohe weltweite Nachfrage nach Erdgas, so lange angespannt bleiben werde, bis die Ergaspipeline Nord Stream 2 in Betrieb gehe.