Kommentar: Corona-Politik Die Bundesländer haben verschlafen

Die steigenden Infektionszahlen wurden von der Politik fast regungslos hingenommen. Dafür aber allein das Interregnum in Berlin verantwortlich zu machen, greift zu kurz. Es gibt noch andere Schuldige.
Viel ist jetzt die Rede davon, dass an der Verschärfung der Corona-Situation in Deutschland in großem Maße das sogenannte Interregnum schuld war. Also der Schwebezustand zwischen alter und neuer Bundesregierung, in der die Verantwortung auf Bundesebene wild hin- und her geschoben wurde.
Bundesländer haben weitreichende Kompetenzen
Das sehe ich nicht so. Ich glaube nicht, dass es einen großen Unterschied gemacht hätte, wenn Angela Merkel noch ein Jahr länger im Amt oder die Ampel schon vor Monaten installiert gewesen wäre. Denn wer diese Situation auch verschlafen hat, sind die Bundesländer. Schließlich haben sie bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie schon lange weitreichende Kompetenzen.
Wo und wann Läden, Museen, Klubs, Kinos und Restaurants öffnen konnten, entschieden sie. Das Gleiche mit den Besuchsregeln für Pflegeheime, der Maskenpflicht auf Landesebene, Kontaktbeschränkungen, Präsenzunterricht in der Schule, 2G- und 3G-Regelungen, Teil- oder Komplett-Lockdowns. Ein breites Portfolio von Möglichkeiten war das, die Länder konnten all dies nach eigenem Ermessen in ihrem Sinne regeln. Und: Verschärfungen in einigen dieser Bereiche hätten die steigende Infektionsrate sicher mit eindämmen können.
Monatelanges Warten
Die Landesregierungen hätten also mit Leichtigkeit selbst die Initiative ergreifen und das Machtvakuum stopfen können, das sich seit der Bundestagswahl in Berlin breitgemacht hatte. Stattdessen allgemeines, monatelanges Warten auf eine Ministerpräsidentenkonferenz, die in Zeiten des Wahlkampfs und kurz danach vermutlich sowieso nicht viel gebracht hätte. Ganz abgesehen davon, dass nach den Ländertreffen meist die Devise galt: alle zusammen, jeder für sich.
Nein, auch die Länder trifft eine Mitschuld, dass die steigenden Infektionszahlen von der Politik fast regungslos hingenommen wurden. Schließlich war ihr sogenannter Instrumentenkasten prall gefüllt, wie es jetzt immer so schön heißt. Die Republik mag mehrere Monate lang de facto führungslos gewesen sein, tatenlos blieben aber auch die Länder.
Der Kommentar spiegelt die Meinung des Autors und nicht die der Redaktion wider.
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