Ein Junge sitzt auf einem Ball und hält sich die Hände vor das Gesicht.

Immer wieder werden Fälle von Kindesmissbrauch im Sport aufgedeckt. Beim Frankfurter Turnverein 1860 wird das Thema aktiv und präventiv angegangen. Er macht mit beim Präventionsprojekt "Kindeswohl im Sport". Unter anderen mit einem Vier-Augen-Prinzip.

Es ist früher Abend, doch die Mädchen und Jungen, die beim Frankfurter Turnverein 1860 ihr Judotraining absolvieren, haben Power. Sie werfen sich in der neuen Turnhalle auf die Matten und halten sich dort fest. Paula sagt, sie ist schon Jahre dabei. "Es ist natürlich trotzdem ein Unterschied, wenn du jetzt mit jemandem, der drei Köpfe größer ist als du, kämpfst oder mit jemandem, der kleiner ist." Man müsse sich an jeden Partner anpassen. "Mit manche kämpfst du gerne und fühlst dich wohler, mit manchen nicht. Aber es gibt ja Techniken und es ist wichtig, dass man sich daran hält, sonst kann ja wirklich was passieren."

Als würden wir nicht nur über Judo sprechen, sondern auch über gesellschaftliche Umgangsformen. Die hat der Verein überdacht, nachdem herauskam, dass Judotrainer Sven G. wegen sexuellen Missbrauchs festgenommen und letztes Jahr verurteilt wurde. Der FTV hat mit G. nichts zu tun, aber trotzdem sofort reagiert, sagt Vivienne Treutel, die Kindswohlbeauftragte im Verein: "Wir haben gesagt, wir gehen auf die Eltern zu, haben die Eltern angesprochen." Das offene Thematisieren stieß bei den Eltern auf viel Zuspruch, "so dass wir gesagt haben, 'gut, wir fangen jetzt an, im Verein was zu machen, so dass bei uns sowas gar nicht erst passiert."

Das Recht 'Nein' zu sagen

Seitdem hat sich einiges verändert: Es wird offen geredet, Eltern können beim Training zuschauen, Einzeltrainings gibt es nicht. Doch am Ende bleibt Judo eines - eine Vollkontaktsportart. Trainer Christian Reul berichtet, wie das Training trotzdem etwas anders abläuft als früher: "Wo man früher gesagt hat, 'komm mal hierher, wir üben das zusammen', hat es sich dahingehend gewandelt, dass man die Kinder fragt und sagt, möchtest du diese Technik zusammen mit mir machen?" Und wenn ein Kind Nein sagt, dann habe es das Recht dazu und müsse dann auch nicht zusammen trainieren.

Ein Korb für den Trainer. Auch Christian Reul musste schon ein Nein einstecken. Aber wie soll man den Kindern dann noch was beibringen? Zunächst sei es schwer festzustellen, warum ein Kind Nein sagt. "Man weiß erst mal nicht, sagt das Kind jetzt nur Nein, weil es das jetzt einfach nicht will, oder weil jetzt die Situation unangenehm ist." Es gelte dann erstmal wieder offen an die Situation heranzugehen und zu erklären, warum man etwas zeigen möchte. Das würde in 99 Prozent der Fälle helfen.

Das kostet Trainingszeit, aber Reden hilft. Anders können Techniken auch mit erfahreneren Kindern erlernt werden. Doch nicht genug, mittlerweile hat der FTV sogar die Vereinssatzung nach etwas Gesprächsbedarf geändert und das Wohl des Kindes darin verankert. Die Eltern und kleinen Judokas haben, so scheint es, ein gutes Gefühl. Judoka Luka drückt es so aus: "Also, ich fühl mich hier so wie zu Hause."

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