Neuer Bußgeldkatalog "Wir hoffen, dass Raser abgeschreckt werden"

Wer zu schnell fährt oder falsch parkt, muss ab diesem Dienstag tiefer in die Tasche greifen. Was genau sich durch den neuen Bußgeldkatalog ändert und was Polizei und Autofahrer in Hessen dazu sagen: ein Überblick.
Wem der Gasfuß zu locker sitzt, für den wird’s ab diesem Dienstag (9.11.) teurer: Mit dem neuen Bußgeldkatalog nämlich sind künftig auch bei geringen Verstößen schon saftige Beträge fällig. Wer bis zu 10 Kilometern pro Stunde im Ort zu schnell ist und erwischt wird, zahlt ab sofort schon 30 statt wie bisher 15 Euro Bußgeld. Und wer außerorts zum Beispiel über 20 Sachen zu viel auf dem Tacho hat, der muss künftig 100 Euro Bußgeld berappen. Bislang waren es 70 Euro.
"Machen das nicht, um Bußgelder einzutreiben"
Was könnten die höheren Strafen für Folgen haben? "Wir erhoffen uns davon, dass Raser abgeschreckt werden", sagt Manuel Luxenburger, stellvertretender Sprecher der Polizeidirektion Waldeck-Frankenberg in Nordhessen. "Und zwar, dass sie sich dann denken: Naja, wenn die Strafen höher werden, dann fahre ich jetzt doch lieber langsamer, weil wir kontrollieren ja auch verdeckt."
Neuer Bußgeldkatalog
Wofür gibt's jetzt welche Strafen? Alle Infos zum neuen Bußgeldkatalog finden Sie hier [bmvi.de ]
Ende der weiteren InformationenMit dem Vorwurf, die Polizei würde nur kontrollieren, um Geld in die öffentlichen Kassen zu spülen, räumt der Oberkommissar auf: "Wir machen das nicht, um irgendwelche Zahlen zu generieren oder Anzeigen oder Bußgelder einzutreiben. Wir machen das wirklich, weil wir die Verkehrssicherheit im Blick haben." Wenn ein Ort oder eine Strecke verkehrssicher sei, dann erhöhe sich schließlich auch die Lebensqualität der Menschen, die dort wohnen oder die dort langfahren.
Waldeck-Frankenberg: Schnelles Fahren Unfallursache Nummer 1
Hier im ländlichen Raum gibt es viele gut ausgebaute Bundesstraßen, die schnelles Fahren ermöglichen – auch wenn maximal Tempo 100 erlaubt ist. Obwohl es laut Polizei hier keine Unfallschwerpunkte gibt, so ist zu schnelles Fahren Unfallursache Nummer 1 in Waldeck-Frankenberg. Ein Blick in die Statistik: "Wir hatten 2020 275 Verkehrsunfälle, bei denen wir sicher sein können, dass überhöhte oder nicht angepasste Geschwindigkeit die Hauptunfallursache gewesen ist", sagt Luxenburger.
Das war im vergangenen Jahr jeder vierte Verkehrsunfall im Kreis. Und je höher die Geschwindigkeitsübertretung, desto größer das Risiko. "Gerade so die Unfälle mit getöteten und schwerverletzten Personen - da ist es ganz klar, wenn ich langsamer fahre, ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich schwer verletzt werde, geringer", so Luxenburger.
Zweifel, ob's was bringt
Zu hohes Tempo, riskantes Überholen - das alles hat der Bad Arolser Hans-Joachim Wierschula häufig miterlebt, als er noch täglich zur Arbeit nach Kassel pendelte: "Hier im Bereich der B 450 zwischen Wetterburg, Wolfhagen, wenn man zur Autobahnauffahrt will, das ist einfach eine Katastrophe", sagt er. Oft konnte er Unfälle von rücksichtslosen Rasern nur durch eine Vollbremsung verhindern – allein deswegen ist er schon froh, Rentner und damit nicht mehr täglich auf der Straße zu sein.
Ob der neue Bußgeldkatalog allein eine wirkliche Besserung bringt, wagt der 68-Jährige zu bezweifeln – wie viele andere Menschen übrigens auch. Für Hans-Joachim Wierschula könnten verdeckte Kontrollen in zivil, aber auch stationäre Messgeräte am Twistesee helfen. Noch effektiver als über die Geldbörse könnte es nach seiner Meinung sein, erwischten Rasern Fotos von schweren Unfällen zu zeigen und an ihre Vernunft zu appellieren. Denn: "Man sollte sich mal genau überlegen, ob man wegen drei oder vier Minuten das Leben von sich selbst und natürlich auch von anderen riskiert."
Eines ändert sich mit dem neuen Bußgeldkatalog übrigens nicht: Bei den Grenzen für Fahrverbote bleibt alles beim Alten.