Durch die Zeiterfassung soll vor allem der Schutz der Arbeitnehmer gewährleistet werden

In vielen Unternehmen ist es üblich, dass die Mitarbeiter selbst auf ihre Arbeitszeiten achten. Doch das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass Unternehmen die Arbeitszeit ihrer Beschäftigten nun zwingend erfassen müssen. Der erste Gesetzesvorschlag hierzu soll in diesem Jahr kommen. Was halten Unternehmer aus Hessen davon und wie gehen sie mit dem Urteil um?

Im Kopf von Unternehmer Sven Franzen gibt es gerade viele offene Fragen. Zum Beispiel: Was wird sich durch die verschärften Regeln bei der Arbeitszeiterfassung für seine fünf Mitarbeiter ändern? Sven Franzen erklärt, wie es bisher in seiner Marketing-Firma in Offenbach geregelt ist: "Bisher ist es so, dass wir eine Vier-Tage-Woche haben. Und zum anderen die Arbeitszeit nicht offiziell dokumentiert wird. Die Dokumentation findet nur dann offiziell statt, wenn für Kundenprojekte gearbeitet und das für die Transparenz der Projekte notwendig wird.“

Seine Sorge: Sollte es verpflichtend werden, die Arbeitszeit nicht nur etwa in einer Excel-Tabelle, sondern vielleicht sogar mit einem Gerät wie einer Stechuhr im Büro zu dokumentieren, würde das vieles ändern. Franzen stelle sich das teils amüsant vor, besonders im Co-Working-Bereich: "Wenn jedes Unternehmen seine Stechuhr nebeneinander an der Wand hängen hat. Auch, dass eben Mitarbeiter die Remote-, Vertrauensarbeitszeiten nutzen, diese Arbeitszeitmodell nicht mehr für die Kinderbetreuung nutzen könnte.“

Eine App hilft bei der Erfassung

Wenige Kilometer entfernt, in Neu-Isenburg, sitzt Parkettlegermeister Andreas Otto in seinem Büro. Die fünf Mitarbeiter in seiner Firma haben bisher Stundenzettel von Hand ausgefüllt, abfotografiert und Chef Andreas Otto hat sie dann in digitale Tabellen übertragen. Seit Dezember ist das anders: "Meine Mitarbeiter kommen nicht morgens ins Lager und laden die Autos, sondern in die Regel fahren sie direkt an die Baustelle. Und um alle Mitarbeiter gleich zu behandeln und auch die Pausenzeiten zu erfassen – was vorher Vertrauensbasis war, haben wir gedacht: Wir gehen über eine App. Wo der Mitarbeiter sich auf der Baustelle einloggen kann.“

Seit wenigen Wochen loggen sich die Mitarbeiter auf der Baustelle mit der App ein – in dem Moment speichert das Programm vorübergehend den Standort. Abends, wenn die Mitarbeiter sich ausloggen, ebenso. Und am Ende zieht die App automatisch die vorgeschriebene Pause ab. Parkettlegermeister Andreas Otto hofft, dass sich seine Mitarbeiter jetzt eher mal mittags Zeit für ihr Pausenbrot gönnen. Er erklärt: "Ich habe mit allen vorher ein Einzelgespräch geführt. Ich habe allen erklärt, warum wir das machen. Und was wir für eine gesetzliche Grundlage haben. Und das muss allen klar sein: das ist ein hochsensibles Thema. Vor allem, wenn man es über ein Tracking-System macht. Und ich habe einen Mitarbeiter deswegen jetzt entlassen müssen.“

Sorge vor dem Bürokratiemonster

Marketingunternehmer Sven Franzen in Offenbach hat noch nichts an seinem Arbeitszeitmodell geändert. Er wartet auf konkretere Vorgaben. Seine Meinung zur reformierten Regulierung: "Zunächst denke ich, ist es sinnvoll, dass der Staat reguliert. Um Ausnutzung und Missstände zu verhindern. Nichtsdestotrotz habe ich das Gefühl, dass wir uns – vor allem international gesehen – überregulieren, weil eben solche Bürokratiemonster die ganze Angelegenheit immer schwerer machen.

Wie schwer es wird, das wird sich seiner Meinung nach erst noch zeigen. Nämlich dann, wenn das Gesetz dann tatsächlich verabschiedet wird.

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