Quitscheente sitzt in leerem Planschbecken

Wie die meisten Kommunen in Hessen musste sich Grävenwiesbach lange nicht sonderlich ums Trinkwasser kümmern. Bis im Sommer 2018 plötzlich keins mehr da war. Den Verantwortlichen wurde bewusst: Wir müssen investieren - und umdenken. Denn der Mangel hat weitreichende Folgen.

Drei knallheiße Sommer und die Corona-Pandemie haben den Investitionsplan der Gemeinde Grävenwiesbach verändert. Und zwar drastisch. Bürgermeister Roland Seel geht die Zahlen durch. Die Ringleitung für die Eigenversorgung der Gemeinde mit ihren sechs Ortsteilen muss fertig werden. Neue Wasservorkommen werden gesucht. Die sechs Hochbehälter für Wasser müssen vergrößert werden. "3,5 Mio, jetzt nur mal über fünf Jahre", sagt Seel. "Und damit haben wir ja nur mal angefangen ..."

Ausgelöst wurde dieses "Anfangen" am 7. August 2018, Bürgermeister Seel hat den Tag noch sehr gut in Erinnerung: An diesem heißen Sommertag bekommt er einen Anruf. Der Wassermeister sagt, wir haben ein Problem in der Wasser-Aufbereitungsanlage, technischer Defekt, nichts geht mehr. "Die Leute kamen alle aus dem Urlaub zurück", erzählt Seel, "haben gewaschen, großes Neubaugebiet dahinten, und da wurde das Doppelte an Wasser entnommen, was überhaupt zugeführt werden kann. Und da wurde uns mal so richtig bewusst: echtes Problem. Das war ja ein knallheißer Sommer in 2018."

Corona und Klimawandel

Bürgermeister Seel und seine Leute organisieren Tanklastwagen, um Trinkwasser herbeizuschaffen, die Reparatur läuft auf Hochtouren. Aber Roland Seel versteht an diesem Tag: Ich muss mich darum kümmern, dass unsere Wasserversorgung für die kommenden Jahre krisenfest wird. Denn nach 2018 kommen weitere knallheiße Sommer. Und schließlich, 2020, auch noch Corona: "Lockdown! Kindergärten zu, Schulen zu, warmer Sommer. Die Anbieter haben Zehn-Kubik-Pools wirklich günstig angeboten", sagt Seel. Aus Sicht der Eltern könne er das nachvollziehen. So hätten die Kinder wenigstens im Garten rumtoben können.

Aber: "Dass das Trinkwasser ist, war keinem so richtig bewusst." Die Ursache sei natürlich auch der Klimawandel, sagt Seel. "Die trockenen Sommer, die zu deutlich mehr Wasserbedarf für alle möglichen Zwecke führen. Und immer: Trinkwasser!"   

Investieren und umdenken

Soll heißen: Weitere Investitionen werden nötig sein. Und, sagt Bürgermeister Seel, wir müssen grundsätzlich umdenken: "Der Verbrauch von Trinkwasser, von unserem Grund-Nahrungsmittel, der muss anders bewertet werden. Andere Zwecke, die nicht zwingend Trinkwasser brauchen, wie Gartenbewässerung, wie Sanitäranlagen, Toiletten oder auch Löschwasser-Bevorratung sollten halt eben anderweitig aufgebaut werden."

Was Roland Seel meint, ist: mehr Brauchwasser nutzen. Beispielsweise Regenwasser. Oder Trinkwasser, das schon einmal genutzt wurde, wieder aufbereiten. Seel hofft, dass die Trinkwassernutzung in den nächsten Jahren auch gesetzlich anders geregelt wird: "Da mag der Gesetzgeber - der ist nämlich auch gefordert, der Bundesgesetzgeber und der Landesgesetzgeber - vielleicht festgelegt haben: nicht nur Photovoltaik auf Neubauten, sondern Hauswasserwerk bei Neubauten. Heißt, die Installation hat so zu erfolgen: Dusche und Badewanne laufen durch diesen Sandfilter, Hauswasserwerk, in den Vorratsbehälter und der geht in die Toilette. Da kann ich viel Wasser sparen."

Weitreichende Folgen

Trinkwasser sparen, wohlgemerkt. Bisher machen Bund und Land als Gesetzgeber allerdings keine Anstalten, solche Regelungen einzuführen. Aber Grävenwiesbachs Bürgermeister sieht sich gezwungen, angesichts der neuen Herausforderungen bei der Trinkwasserversorgung zu handeln. "Da hängt ja als nächste Frage mit dran: Was mache ich denn mit der Wohnungspolitik? Wohnraumbedarf haben wir ja. Will ich sowas anbieten - ja oder nein? Wir haben gesagt, kein neues Baugebiet, wenn nicht vorher die Wasserversorgung sichergestellt ist." 

Spätestens da zeigt sich: Die Veränderungen bei der Trinkwasserversorgung haben ziemlich weitreichende Folgen.  

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