Ein alter Luftschutzbunker in Offenbach

Lange galten Bunker als ein Relikt aus einer längst vergangenen Zeit. Nur noch 15 Schutzräume gibt es aktuell in Hessen, die der Zivilschutzbindung unterliegen - und die sind nicht funktionsfähig, weil sich seit Jahren niemand darum gekümmert hat. Wegen des russichen Angriffs auf die Ukraine stellen sich Fragen zum Bevölkerungsschutz jetzt aber völlig neu.

Es riecht muffig im alten Hochbunker an der Ziegelstraße in Offenbach. Auf einem Tisch gleich hinter der schweren Stahltür am Eingang liegt ein aufgeschlagenes Buch mit ein paar Notizen. Es stammt aus der Zeit, in der die Anlage noch in Schuss gehalten wurde. Das sei lange her, sagt Uwe Sauer, der Chef der Offenbacher Berufsfeuerwehr. "Dass wir jetzt im Sinne des Erhalts der Schutzfunktion da noch etwas getan hätten, erinnere ich mich seit Langem nicht mehr.“   

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Die meisten Bunker in Hessen wurden abgerissen oder zu Wohnzwecken umgebaut. Die verbliebenen 15 Schutzräume, die der Zivilschutzbindung unterliegen, dürfen jedoch nicht zu anderen Zwecken genutzt werden.

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In den 15 hessischen Anlagen, die wieder hergerichtet werden könnten, würde im Ernstfall nur ein Bruchteil der Bevölkerung Platz finden - laut hessischem Innenministerium rund 33.000 Menschen. Uwe Sauer beschäftigt beim Gang durch den alten Bunker an der Offenbacher Ziegelstraße noch etwas Anderes: "Was muss denn ein Schutzraum des 21. Jahrhunderts eigentlich können? Für welche Belastungen muss er denn ausgelegt sein? Und da muss man dann auch die Frage beantworten: Sind diese Hochbunker, die ja aus Zeiten des Zweiten Weltkriegs stammen, überhaupt noch geeignet, um wieder ertüchtigt zu werden?"

Umfassende Überprüfungen

Luftschutzbunker von innen

Durch den Krieg in der Ukraine stellen sich solche Fragen mit neuer Wucht. Und die alten Schutzräume liefern keine überzeugende Antwort. Neu erfasst werden sie jetzt trotzdem. Das hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser gerade bei einem Besuch in Wiesbaden bestätigt: "Wir haben jetzt an die Länder reingegeben zu schauen: Wie viele existieren noch, wie viele kann man reaktivieren? Und erst, wenn wir da einen Überblick haben, werden wir uns dazu dann auch politisch verhalten." 

Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die den Bestand verwaltet, hat schriftlich mitgeteilt, es gehe um umfassende Prüfungen, "bei denen fachkundiges Personal die Funktionsfähigkeit, die Betriebsbereitschaft und die technischen Möglichkeiten der Inbetriebnahme der Schutzräume sowie die Höhe der hierdurch entstehenden Kosten vertieft und belastbar untersuchen muss.“ 

Tiefgaragen und U-Bahnstationen als Alternativen

Für Offenbachs leitenden Branddirektor Uwe Sauer ist schon jetzt klar: Die Bunker wieder nutzbar zu machen, wäre eine Herausforderung: "Es gibt die Notwendigkeit einer funktionierenden Infrastruktur – Strom, Wasser, Abwasser und so weiter", sagt er. "Es gehört Einrichtung dazu. Es gehören Menschen dazu, die das dann auch bedienen könnten, wenn es so weit wäre. Und daran fehlt es bei allen diesen Anlagen."

Ganz schutzlos wären die Menschen aber nicht, falls eines Tages tatsächlich wieder Bomben auf Deutschland fallen. Nach Angaben der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben könnten dann zum Beispiel U-Bahn-Stationen, Tiefgaragen und massive Keller genutzt werden. Dort heißt es: „Sie bieten einen guten Grundschutz vor einer Explosionsdruckwelle, vor Trümmer- und Splitterflug sowie bedingt vor radioaktiver Umgebungsstrahlung. Wobei der Schutz umso besser ist, je massiver und dicker das Baumaterial und das umgebende Erdreich sind.“

Auch wenn kein Grund zur Panik besteht: Aus Sicht des Offenbacher Feuerwehrchefs Sauer bedeutet der Krieg in der Ukraine auch im Zivilschutz eine Zeitenwende: „Die Risikoabwägung hat sich nun mal spätestens seit einem Vierteljahr, seit dem Einmarsch der Russen in die Ukraine, dramatisch verändert", sagt er. "Also muss man sich um Schutzraumbau dann auch wieder Gedanken machen.“

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