Eine Bedienung hält, in einem Wirtshaus, ein Tablett voll mit Bier.  (picture alliance/dpa)

Hessens Brauereien sind in Not. Nach zwei Jahren Pandemie bereiten ihnen massive Kostensteigerungen Kopfzerbrechen. Durch den Krieg in der Ukraine sind die Preise gestiegen: Vor allem die Energiepreise, aber auch Glasflaschen, Paletten und Dosendeckel kosten mehr. Die Folge: Bier wird teurer.

Ein malziger Geruch liegt in der Luft, klappernde Flaschen auf der Abfüllanlage. Bei Familie Schinkel wird Bier gebraut, im nordhessischen Witzenhausen im Werra-Meißner-Kreis. Ihr Vater hat die Brauerei gegründet, erzählt Sarah Schinkel. Übers Jahr verteilt gibt es rund 15 Biersorten, sagt sie: "Wir haben Pils, Dunkel, aber auch Weizen, ein Pale Ale - es ist alles dabei." Das Getreide beziehen Schinkels für ihre Biobrauerei aus der Region, alles ist nah beieinander.

Trotzdem wird das Bierbrauen durch steigende Kosten teurer. Auch ihr Bierpreis wird deshalb angehoben werden müssen. "Tatsächlich können wir nicht drauf verzichten", sagt Sarah Schinkel. "Wobei wir es relativ geringhalten, wir werden ungefähr einen Euro pro Kiste anheben." Der Grund: Die unterschiedlichen Rohstoffe in der Brauerei sind stark energiegebunden, wie etwa Weizenmalz. "Weizen wird knapp und wir haben haben das Energieproblem durch die hohen Kosten in der Mälzerei", sagt Brauer Fabio Schinkel. "Dadurch haben wir beim Malz etwa 80 bis 90 Prozent Aufschlag."

Engpass beim Glas

Und es gibt noch ein Problem - die Glasflaschen. "Die meisten Glasflaschen kommen aus der Ukraine, die bespielen den ganzen europäischen Markt", berichtet Schinkel. "Da ist jetzt natürlich ein Engpass gekommen, der den Preis treibt." Sarah und Fabio Schinkel haben deshalb das Flaschen-Lager noch einmal aufgefüllt, 100 Paletten für ihre Produktion gekauft. "Damit wir durch den Sommer kommen und da Planungssicherheit haben", sagen die beiden Bierbrauer. "Man weiß nie, wie lang noch produziert werden kann und wo sich der Preis hinbewegt. Da müssen wir im Winter weiterschauen."

Ortswechsel: Wir sind bei Pfungstädter in Südhessen am Rand des Odenwalds, in Hessens größter Privatbrauerei und treffen dort Geschäftsführer Peter Winter. Auch er klagt über den Kostendruck. Strom, Gas und Malz, aber auch alles andere sei teurer geworden: "Von der Holzpalette über Etiketten, Flaschen, Glasflaschen und Kronkorken, Kartonagen für die Sixpacks, auch die Dosen und Dosendeckel für die Abfüllung - alles ist bis zu 20 Prozent in den Kosten gestiegen."

Gastronomie-Geschäft könnte wegen neuer Corona-Welle wieder ausfallen

Peter Winter beobachtet den Markt genau. Erst im letzten Jahr hat die Brauerei Preise angepasst: "Weil wir einfach schon die Auswirkungen der Corona-Pandemie, nämlich das fehlende Gastrogeschäft gemerkt haben. Wir haben dieses Jahr noch keine Preiserhöhung gehabt, nur im Auslandsgeschäft, werden aber sicher im Herbst die Preise auch hierzulande anpassen müssen, das wird natürlich harte Verhandlungen mit dem Handel geben."

Preisverhandlungen mit dem Handel sind unabdingbar, erklärt Axel Jürging vom Hessischen Brauerverband: "Wer es nicht schafft, höhere Preise durchzusetzen, der rutscht ins Minus. Das ist in diesem Jahr ziemlich klar. Denn die weiteren Aussichten sind herausfordernd: Wir müssen mit einer Coronawelle im nächsten Winter rechnen, das heißt, die Gastronomie könnte für eine gewisse Zeit wieder ausfallen."

Zurück in Witzenhausen in Nordhessen. Sarah und Fabio Schinkel werden den Kastenpreis für ihr Bier demnächst anheben. Trotz aller Schwierigkeiten wollen sie auch diese Krise meistern. "Grundsätzlich geht’s immer irgendwie weiter", sagt Sarah Schinkel. "Wir versuchen, es uns zu bewahren, indem wir positiv denken, wir haben viele Ideen, wir sind schon mit vielem zurechtgekommen, das bekommen wir auch schon hin."

Sendung: hr-iNFO "Aktuell", 10.6.2022, 13 bis 15 Uhr