Mitarbeiter von "Ärzte ohne Grenzen" verteilen 2019 Lebensmittel in Mosambik (dpa)

Die Nichtregierungsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" wird 50. Die Feierlaune hält sich allerdings in Grenzen: Humanitäre Hilfe ist mehr denn je notwendig, und die Bedingungen sind vielleicht härter denn je.

"Medikamente sollten kein Luxus sein" heißt es auf einem Plakat von Ärzte ohne Grenzen aus dem Jahr 2014. Zu sehen ist ein golden glänzender Fingerring – statt eines Edelsteins prangt auf dem Schmuckstück eine banale weiße Tablette. Daneben ein Plakat aus dem Jahr 2019 – dasselbe Bild 5 Jahre später, derselbe Tablettenring - mit leicht korrigierter Botschaft: "Medikamente sollten immer noch kein Luxus sein." Die Plakate hängen in einer Galerie in Genf. "Rückblick auf 50 Jahre Menschlichkeit" heißt die Ausstellung – zusammengestellt von Francoise Duroch, Leiterin der Recherche-Abteilung von "Ärzte ohne Grenzen" zum 50. Geburtstag der Hilfsorganisation.

"Ich weiß nicht, ob es da etwas zu feiern gibt", sagt sie. "Angesichts der globalen Krisen und immer wieder neuen humanitären Notlagen. Aber immerhin sind wir jetzt eine Organisation, die mehr leisten kann als 1971. Damals waren wir kaum mehr als 10 Leute." Heute sind es über 60 000 in mehreren Dutzend Ländern. "Wir haben jetzt deutlich mehr Kapazitäten für unsere Einsätze."

Heilen und Berichten

Einsätze, die seit 50 Jahren dasselbe Ziel haben: Medizinische humanitäre Hilfe für Menschen in Not. Und: - das war von Anfang an wichtig – es ging bei "Ärzte ohne Grenzen" immer auch darum, über die Situation der Menschen in den Krisenregionen unabhängig zu berichten.

Nicht nur Ärzte, auch Journalisten waren 1971 in Paris unter den Gründungsmitgliedern. Sie waren unmittelbar geprägt vom Biafra-Krieg in Nigeria – ein brutaler Konflikt zur Zeit des Kalten Krieges, in den zahlreiche Staaten verwickelt waren – und der zu einer katastrophalen Hungerkrise führte. "Man kann und muss helfen, das ist klar. Aber wann wird eine Situation inakzeptabel? Sollte man sich nicht irgendwann zurückziehen und die Ausschreitungen und Rechtsbrüche anprangern? Dieses Dilemma begleitet Ärzte ohne Grenzen seit 5 Jahrzehnten."

Kontrovese um den Friedensnobelpreis

Heftige Debatten gab es auch 1999, als der Hilfsorganisation der Friedensnobelpreis zugesprochen wurde. Würden sich die unabhängigen und kompromisslosen humanitären Helfer mit der Annahme des Preises vereinnahmen, institutionalisieren, womöglich instrumentalisieren lassen? Es wurde viel und grundsätzlich gestritten damals, erzählt Francoise Duroch. Schließlich wurde die Auszeichnung angenommen. "Aus Pragmatismus. Um die Organisation sichtbarer zu machen, um mehr Mittel zu bekommen für unsere Einsätze vor Ort." Ob es heute klug wäre, den Friedensnobelpreis zu akzeptieren, wisse sie nicht, "allein schon, wenn man sieht, wer ihn in den vergangenen zehn Jahren alles bekommen hat." Es sei schwierig zu sagen, ob es damals richtig gewesen sei.

Mittlerweile sind die Ärzte ohne Grenzen auch an Orten im Einsatz, die die Gründergeneration vor 50 Jahren nicht für möglich gehalten hätten: mitten in Europa muss geholfen werden – erfrierenden Menschen an der polnischen Grenze, notleidenden Menschen auf griechischen Inseln, ertrinkenden Menschen im Mittelmeer.

Anlass zur Diskussion

Der Jet d’Eau – die berühmte Wasserfontäne auf dem Genfer See – soll rot beleuchtet werden zum Geburtstag der Ärzte ohne Grenzen. Ein blutroter Wasserstrahl als Signal und Weckruf. "Damit wir über diese Krisen nachdenken", sagt Francoise Duroch. "Wie kommt es, dass wir 2021 in Europa mitten im Winter mit Migrationskrisen konfrontiert sind? Wenn unser Jubiläum Anlass zu Austausch und Diskussionen gibt, dann wäre das schon mal gar nicht so schlecht."

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