Aktueller Stand der Forschung Welche Medikamente gegen Omikron helfen können

Zwar verlaufen viele Corona-Infektionen aufgrund von Impfungen und der Omikron-Variante inzwischen mild. Aber noch immer kommen Menschen mit lebensbedrohlichen Symptomen ins Krankenhaus. Für diese Fälle braucht es wirksame Medikamente. Cornelia Eulitz aus der hr-iNFO-Wissensredaktion gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung.
Es sind bereits Medikamente im Einsatz, die das Virus ausbremsen sollen: monoklonale Antikörper und Virenhemmer. Wie gut sind sie im Kampf gegen Omikron, speziell gegen BA.2?
Omikron hat die Karten bei der Wirksamkeit tatsächlich nochmal neu gemischt. Bei den monoklonalen Antikörpern, die sich an das Virus binden und es neutralisieren sollen, haben die Wissenschaftler relativ schnell festgestellt, dass einige ihre Wirkung komplett oder zum Teil verloren haben. Auf einer Liste der zuständigen Fachgruppe am Robert-Koch-Institut sind es gerade noch zwei von 11 aufgeführten Präparaten, die bei Labortests gegen BA.2. wirksam waren.
BA.2 ist eine Unterform der Omikron-Variante, die inzwischen das Infektionsgeschehen in Deutschland dominiert.
Ende der weiteren InformationenBei den virushemmenden Medikamenten sieht es allerdings besser aus. Sie sollen verhindern, dass sich das Virus vermehrt oder dass es in die Zelle eindringt. Ob das bei Omikron noch funktioniert, haben Wissenschaftler von der Goethe-Universität Frankfurt mit Hilfe von Zellkulturen untersucht, als die Omikron-Variante aufgekommen ist. Das Ergebnis: Acht wichtige Wirkstoffe konnten die Vermehrung von Omikron tatsächlich genauso gut hemmen wie den Delta-Stamm.
Die Frankfurter Forscherinnen und Forscher, die mit der Universität Kent zusammengearbeitet haben, haben sich übrigens nicht nur Wirkstoffe angeschaut, die speziell gegen SARS-CoV-2 entwickelt wurden (wie etwa Paxlovid von Pfizer, das seit einiger Zeit in der EU zugelassen ist). Sie haben sich auch einen Virushemmer angeschaut, den es schon mehrere Jahrzehnte gibt - und auch er wirkt bei Omikron.
"Alter" Virenhemmer wirkt auch bei Omikron
Was ist das für ein Medikament und was weiß man über die Wirkung?
Der Wirkstoff heißt Aprotinin. Der wurde schon in den 30er Jahren entdeckt und wird unter anderem aus der Rinderlunge gewonnen. Das ist ein sogenannter Protease-Hemmer. Das heißt, er verhindert einen Prozess, bei dem Enzyme der Wirtszelle Teile des Spike-Proteins abspalten. Dadurch machen sie es dem Spikeprotein erst möglich, an die Zelle anzudocken. Dieser Prozess wird gehemmt, wenn Patienten den Protease-Hemmer inhalieren. Das funktioniert zum Beispiel auch beim Grippevirus. Und das wurde jetzt auch für das Coronavirus erfolgreich bei einer Patientenstudie in Spanien gemacht.
Das heißt, es hat nicht nur in den Laboren der Frankfurter Wissenschaftler funktioniert, sondern auch bei Covid-Patienten in spanischen Krankenhäusern?
Genau. Das waren erstmal nur sehr wenige Menschen: 28 Leute, die mit einer mittelschweren Lungenentzündung ins Krankenhaus kamen, und die eineinhalb Wochen mit Aerosolen behandelt wurden. Das Ergebnis war, dass sie im Vergleich zu 32 Leuten, die nur Kochsalz inhaliert haben, die Krankheit besser weggesteckt haben. Das heißt, dass sie weniger Sauerstoff gebraucht haben und schneller wieder aus dem Krankenhaus entlassen werden konnten. Das könnte perspektivisch auch eine ambulante Behandlung sein, sagen die spanischen Forscher, auch als Vorbeugung, wenn jemand mit hohem Risiko Gefahr läuft, sich anzustecken. Aber jetzt muss erstmal noch eine größere Studie mit mehr Leuten her.