Australiens Kampf gegen die Pandemie Ohne Impfung droht der Jobverlust

Australiens Regierung fährt eine harten Kurs gegen Ungeimpfte. Wer sich nicht impfen lässt, dem droht der Jobverlust. Arbeitgeber müssen zum Teil drastische Strafen zahlen, wenn sie Nicht-Geimpfte arbeiten lassen.
Simon Harding sitzt in seiner Wohnung in Melbourne und ist wütend. Weil er sich nicht impfen lassen will und als Gefängniswärter auch nicht im Homeoffice arbeiten kann, wurde er ohne Gehalt nach Hause geschickt. Kommende Woche wird er seinen Job ganz verlieren. Deshalb klagt er gegen den australischen Bundesstaat Victoria.
Ein Dauer-Lockdown auf unbestimmte Zeit
"Es geht um Angst", sagt Harding. "Es heißt: Impfung oder Job. Ist das der richtige Grund, sich irgendeiner medizinischen Behandlung zu unterziehen? Ich sage Nein." Auch Simons Frau Michelle lässt sich nicht impfen. Sie hat Multiple Sklerose und Angst vor medizinischen Nebenwirkungen. Doch in Victoria kann sich niemand frei testen. Und das heißt für die 50-jährige Hausfrau: kein Friseur, kein Schwimmbad, kein Weihnachtsshopping. Ein Dauer-Lockdown auf unbestimmte Zeit. "Wir können nicht mehr zu unserem normalen Gottesdienst in die Kirche gehen, so wie früher jeden Sonntag. Das allein ist schon seelisch schwer zu ertragen", sagt Michelle. "Und wir können nur noch schwer mit anderen Menschen reden, weil viele nicht das Gleiche sehen wie wir."
Melbourne war zusammengerechnet fast neun Monate im Lockdown. Das ist Weltspitze. Irgendwann wurde den Australiern klar, dass die "No Covid"-Politik gescheitert war. Also machte die Regierung Druck beim Impfen. Inzwischen sind fast 90 Prozent der über 16-Jährigen geimpft. Aber wie überall gibt es auch in Down Under einen harten Kern von Impfgegnern, gibt es regelmäßig heftige Proteste mit gewalttätigen Ausschreitungen. Eigenverantwortung - das führen auch in Australien die Impfverweigerer ins Feld, Eigenverantwortung oder gar Menschenrechte. "Wir sind die Aussätzigen wegen einer einzigen Entscheidung, die wir getroffen haben. Das ist doch unser Menschenrecht, Nein zu etwas zu sagen, dem wir nicht vertrauen", sagt Harding.
20.000 Dollar Strafe
Die Regierung von von Victoria - und das gilt in der einen oder anderen Form auch für andere australische Bundesstaaten - bleibt bei ihrem harten Kurs. Frei nach Immanuel Kant: Meine Freiheit endet da, wo ich anderen Schaden zufüge. Regeln sind Regeln, und wer dagegen verstößt, muss die Konsequenzen tragen.
Für den Bauunternehmer Brandon Elon heißt es beispielsweise, wenn er ungeimpfte Arbeiter beschäftigte, würde es richtig teuer. "Ich habe schon zwei Arbeiter wieder nach Hause geschickt, weil sie ungeimpft hier erschienen sind. Wenn ich sie arbeiten lasse, würde mich das 20.000 Dollar Strafe kosten. Ob ich das also gut finde oder nicht - diese Summe gibt am Ende den Ausschlag." Marktfrau Rosa Anzaldo arbeitet seit 30 Jahren auf dem Queen Victoria Markt in Melbourne. Sie ist voll geimpft und überzeugt, dass die meisten Menschen den Sinn der Impfungen sehen. Doch die Regierung habe auch Fehler gemacht.
"Klarer Deal mit den Bürgern"
"Die Regierung hat das mit der Impfpflicht schlecht angestellt, zu viel Arroganz" meint Anzaldo. "Das hätten sie auch freundlicher verpacken können, sie hätten zu den Firmen gehen und es erklären sollen: 'Schaut, wir haben ein Problem, und das ist das Beste für alle', statt einfach vor die Presse zu treten und anzuordnen. So was ärgert die Leute. Keiner lässt sich doch gern was vorschreiben."
Victorias Premierminister Daniel Andrews mag sich auf keine Diskussionen über Freiheitsbeschränkungen für Ungeimpfte mehr einlassen. "Ich habe einen ganz klaren Deal mit den Bürgern, und daran halte ich mich", sagte er kürzlich. "Ihr lasst euch impfen und dann öffnen wir."