Frau beißt in eine Tafel Schokolade

Wenn das Stresslevel steigt, kommt bei vielen auch die Lust auf Süßes. Schokolade ist in solchen Fällen besonders beliebt. Wir erklären, warum das so ist und ob Schokolade tatsächlich glücklich macht.

Wer wäre nicht nervös, wenn er einen Vortrag auf einem großen Ernährungs- Kongress halten müsste? So wie Kathrin Gemesi Die Doktorandin und Ernährungswissenschaftlerin von der Technischen Universität München referierte über das, was wir bei Stress so alles in uns hineinstopfen und war selbst in Versuchung: „Ich bin wirklich ein Stress-Mehresser. Und dann geht es natürlich los mit Süßigkeiten, mit Snacks. Das sind auch so typische Comfort Foods, wie man sie nennt, also Lebensmittel, die bevorzugt bei Stress konsumiert werden, weil sie zu Stresslinderung führen sollen.“

Schokolade bei Comfort Foods ganz weit vorne

Seltsam, aber wahr - in Deutschland gab es bisher keine größere Studie zum Futter für die gestresste Seele, wie man auch sagen könnte, obwohl doch die meisten unter Stress leiden. Ein Forschungsteam der TU München schließt diese Lücke jetzt mit einer Online-Befragung. Über 1200 Frauen und Männer aus dem ganzen Land nahmen daran teil. „Da haben wir den Leuten eine  Auswahl von Comfort Food praktisch als Liste vorgegeben. Die mussten dann angeben, wie häufig sie das konsumieren bei Stress“, erzählt Gemesi. Das Ergebnis: Die Schokolade lag „ganz weit vorne, gleich danach kam Kaffee und dann kam ganz lange nichts. Und dann kamen als drittes Kekse.“

Auf den hinteren Plätzen und nur selten genannt schließlich noch Kartoffelchips, Cracker und Kuchen. Fast jede oder jeder Zweite nannte Schokolade als favorisiertes Stressfutter. Eine so deutliche Präferenz für das Kakaoprodukt hatte Christina Holzapfel nicht erwartet. Auch sie ist Ernährungswissenschaftlerin an der TU München. Schokolade, passt auf jeden Fall perfekt ins Schema.

In stressigen Situationen wird der Appetit angeregt

„Zu den Comfort Foods gehören vor allem energiereiche, fett- und zuckerreiche Lebensmittel", sagt Holzapfel. "Das hängt damit zusammen, dass letztendlich durch eine stressige Situation der Cortisolspiegel steigt und dadurch auch der Appetit angeregt wird - und dann eben vor allem auf diese Comfort Foods zugegriffen wird, die eben auch eine entsprechende Belohnungsreaktion auslösen.“ Ein anderer stressgesteuerter Effekt ist aber eher unerwünscht - die Zunahme des Körpergewichts durch das futtern solcher Kalorienbomben, die unter Cortisol-Einfluss noch besser verstoffwechselt, also in Fettpolster umgewandelt werden.

Auch bei Kaffee habe fast die Hälfte der Befragten ein Kreuz im Fragebogen gemacht, sagt Kathrin Gemesi. Eigentlich gilt Koffein ja als Wach- und Muntermacher, der den Schlafreiz im Gehirn unterdrückt. „Bei Stress steht man unter Strom. Man weiß, man muss aufmerksam sein, damit einem nichts entgeht, damit man nichts falsch macht. Und da kann ich mir gut vorstellen, dass Kaffee - manche tun vielleicht auch ein bisschen Zucker rein oder ein bisschen Sahne - ein beliebtes Comfort Food ist.“

Zu viel ist problematisch

Die Ernährungswissenschaftlerinnen raten nicht per se von Schokolade als Stresskost ab. Wenn es bei einigen Stückchen dann und wann bleibe, sei das unbedenklich, sagt Christina Holzapfel. „Allerdings sind sehr viele Menschen heutzutage unter Stress. Und nachdem wir auch ein großes Adipositas-Problem in Deutschland haben, ist diese Situation ernst zu nehmen, gerade auch vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie.“ Man sollte den betroffenen Personen auf jeden Fall Tipps und Tools an die Hand geben, um das Stressessen zu minimieren und zu verbessern, sagt Holzapfel.

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Macht Schokolade tatsächlich glücklich?

Von Kim Horbach

Schokolade enthält durchaus Stoffe, die glücklich machen können: natürliche Aufputschmittel wie Koffein oder den Pflanzenstoff Theobromin etwa, der in höherer Dosierung sogar rauschähnliche Zustände hervorrufen kann. Auch ein Baustein des sogenannten Glückshormons Serotonin steckt im Kakao. Allerdings gibt es da einen großen Haken: Die Konzentration dieses Bausteins in Schokolade ist sehr gering, etwa so hoch wie in Käse. Für einen echten Glücksrausch müsste man ungefähr 300 Tafeln essen. Streng wissenschaftlich ist also kaum was dran an dem Spruch "Schokolade macht glücklich", aber sie kann uns trotzdem trösten und unsere Stimmung verbessern. Schokolade hebt die Laune, weil wir erwarten, dass sie so wirkt. Das ist Psychologie nach Pawlowscher Manier - wer seit Jahren Schokolade mit positiven Gefühlen verbindet, der kann tatsächlich durch ein Stück davon bessere Laune bekommen. Bei echten Schokoliebhabern springt das Belohnungssystem im Gehirn sogar schon beim bloßen Anblick von Schokolade an. Bei Menschen, den Schokolade nicht besonders wichtig ist, passiert dabei allerdings nichts.

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