Eine Frau zieht eine Dosis des Impfstoffes von BioNTech/Pfizer für eine Corona-Impfung auf (Archivbild). (dpa)

Nach einer Corona-Impfung kann es zu Symptomen kommen, die Post Covid ähneln. Weil sie sehr selten auftreten und oft diffus sind, ist das sogenannte Post-Vac-Syndrom noch nicht gut erforscht. Was weiß man bis jetzt über Ursachen und Behandlunsgmöglichkeiten? hr-iNFO beantwortet die wichtigsten Fragen.

In Deutschland sind 180 Millionen Impfungen verabreicht worden. Warum ist das Thema Post-Vac erst jetzt aufgekommen?

Das liegt sicher daran, dass die Symptome bei der Masse der Impfungen nur sehr, sehr selten auftreten - und dass man sie auch nicht systematisch aufgezeichnet hat. Beim Paul-Ehrlich-Institut, das für die Impfstoffsicherheit zuständig ist, können solche vermuteten Fälle von unerwünschten Impfnebenwirkungen gemeldet werden. Aber es sind nicht so viele Fälle aufgelaufen, dass das Paul Ehrlich-Institut das als Risikosignal erkannt hätte - vielleicht weil die Beschwerden oft diffus sind oder nicht der Impfung zugerechnet werden. Das Thema ist auch ein heißes Eisen, weil Mediziner fürchten, dass sie von Impfgegnern instrumentalisiert werden.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat kürzlich in einem Tweet gefordert, das Post-Vac-Syndrom besser zu erforschen. Was weiß die Wissenschaft denn bislang darüber?

Nicht allzu viel. Es gibt noch keine veröffentlichten Studien. Im Moment stützen wir uns vor allem auf Fallbeschreibungen von Medizinern, die Post-Vac-Patienten behandeln. Zum Beispiel bei der neurologische Post-Covid-19-Sprechstunde an der Charité in Berlin. Da geht es um Kopfschmerzen, Schwindel, chronisches Fatigue-Syndrom. Auch am Universitätsklinikum Marburg gibt es eine Spezialambulanz, bei der sich Menschen mit den unterschiedlichsten Symptomen vorstellen. Und dabei fällt auf, dass Menschen - vor allem junge Frauen - betroffen sind, die bislang unerkannte Autoimmunerkrankungen oder andere genetische Defizite haben.

Gibt es schon irgendeine Erklärung, wodurch genau das Post-Vac-Syndrom ausgelöst wird?

Nein, es gibt nur Hypothesen. Eine Hypothese ist, dass bestimmte Viren, wie zum Beispiel das Epstein-Barr-Virus, im Körper ruhen und durch die Impfung reaktiviert werden und diese Beschwerden verursachten. Oder dass Menschen bestimmte Auto-Antikörper haben, die nach der Impfung aktiv werden und sich gegen den Körper richten. Das ist aber noch nicht gut erforscht.

Eine Impfung, die nicht besonders gut vor Ansteckung schützt, dafür aber krank machen kann - ist das nicht ein Argument, sich lieber nicht impfen zu lassen?

Nein, das sagen bislang alle Wissenschaftler, die sich zu dem Thema äußern. Auch eine Infektion würde diese Mechanismen im Körper wahrscheinlich auslösen. Und die unerwünschte Immunreaktion wäre vermutlich noch stärker und würde länger dauern. Außerdem gibt es, soweit das bislang bekannt ist, viel, viel weniger Fälle als zum Beispiel bei Post Covid, aber die Medienberichterstattung lenkt natürlich die Aufmerksamkeit darauf.

Bislang werden ja - wie bei Post Covid - vor allem die Symptome behandelt. Was ist denn das Ziel der Wissenschaftler, um das Post-Vac-Syndrom künftig besser in den Griff zu bekommen?

Ja, bislang geht es ja vor allem darum, die Situation der Betroffenen zu verbessern. Leuten, die zum Beispiel das chronische Fatigue Syndrom haben, versucht man durch Pacing zu helfen. Also dadurch, dass sie lernen, sich nicht zu überlasten und ihren Zustand dadurch nicht zu verschlechtern.

Um nicht nur Symptome zu behandeln, wäre ein Ziel für die nächsten Monate, die Menschen rauszufiltern, die ein erhöhtes Post-Vac-Risiko haben und die entsprechend zu schützen. Voraussetzung ist aber, dass man dieses Syndrom genauer beschreibt und versteht.

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