Covid-Impfung Nochmal boostern oder lieber warten?

Der Höhepunkt der Omikron-Welle scheint überstanden zu sein. Trotzdem sorgt das Virus weiter für viele Infektionen - auch bei Menschen, die schon dreimal geimpft sind, andere stecken sich ein zweites Mal an. Ergibt eine zweite Auffrischung jetzt auch für Menschen unter 70 Sinn?
Einen kompletten Schutz vor Infektionen durch wiederholtes Bosstern zu erreichen, das sei nicht realistisch, meint Christoph Neumann-Haefelin, Immunologe am Universitätsklinikum Freiburg. "Das sollte man auch bei der Überlegung, wie es mit dem Boostern weitergeht, nicht verfolgen." Denn einen Schutz vor Ansteckung liefert die Booster-Impfung nur für einige Wochen.
Ein realistisches Ziel ist es dagegen, verschiedene Menschen vor schwerer Erkrankung zu schützen, sagt Christine Falk, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. Dazu reichen drei Impfungen. "Menschen mit einem gesunden Immunsystem, die unter 70 sind, haben eine sehr gute, nachhaltig schützende Immunantwort vor einem schweren Verlauf."
Weniger ist nicht gleich weniger
Dafür sorgen nach drei Impfungen die T-Zellen, die den Infekt abwehren können, wenn ein Mensch infiziert ist. Christine Falk sagt, auf die Zahl der Antikörper kommt es den Immunologen gar nicht so an. Deshalb seien sie auch nicht beunruhigt, wenn die Anzahl der Antikörper und T-Zellen runtergehen. "Das Immunsystem fährt sie ökonomisch gesehen auf ein niedriges Niveau, aber es bleibt da. Und für den Fall, dass es gebraucht wird, kann es schnell reaktiviert werden."
Andreas Radbruch ist Immunologe und wissenschaftlicher Direktor des Deutschen Rheumaforschungszentrums in Berlin. Er erklärt, dass die Antikörper, die übrig bleiben, eine sogenannte Affinitätsreifung durchmachen und mit der Zeit immer besser werden: "Das ist so eine gewisse Konfusion in der Diskussion, dass man denkt, wenn weniger Antikörper da sind, dann ist weniger da. Aber es ist nur weniger Masse da, die Klasse nimmt zu, und zwar ganz drastisch."
Etwa ein halbes Jahr nehme die Antikörperkonzentration ab. "Am Ende hat man aber Antikörper, die 10 bis 100 mal besser binden. Sehr nachhaltig, wie uns das Immunsystem da schützt." Die Affinitätsreifung ist also ein Grund, bei gesunden Menschen mit der vierten Impfung ruhig länger zu warten, womöglich bis zum Herbst - in jedem Fall aber sechs Monate.
Welcher Impfstoff schützt?
Bleibt noch die Frage: mit welchem Impfstoff? Glücklicherweise hat es das Virus bislang nicht geschafft, sich so zu verändern, dass unsere T-Zellen es nicht mehr erkennen, sagt Christoph Neumann-Haefelin. "Und das nimmt auch ein bisschen die Schärfe aus der Diskussion, wenn man sich überlegt, mit was soll man denn in Zukunft möglicherweise impfen - mit dem bisherigen Impfstoff oder mit einem an Omikron angepassten Impfstoff?"
Solange es nämlich im Herbst keine komplett andere Variante gibt, die unsere T-Zellen umgeht, ist es eigentlich egal welcher Impfstoff. Vor schwerer Erkrankung schützen beide.