Marcell Engell, Tatortreiniger

Sein Job ist nichts für schwache Nerven: Blutlachen, beißender Gestank, krabbelndes Ungeziefer – wo manchen allein bei der bloßen Beschreibung übel wird, da fängt Marcell Engels Job erst an. Seit 28 Jahren betreten er und sein Team als erstes nach der Polizei Wohnungen, in denen Menschen gestorben sind. Manche durch Unfälle oder Gewaltverbrechen.

Es riecht nach Kot, Urin und stickiger Luft. Die Fensterrahmen zur Straße hin sind vergilbt, vertrocknete Zimmerpflanzen und Blumenkübel stehen auf der Fensterbank, der Boden ist übersät mit Zeitungen, Büchern, Glasflaschen, Fahrradtaschen mit Pfandflaschen, Scherben. Aus einer verschimmelten Packung Salat krabbeln Würmer. In den Türrahmen hängen Spinnweben und tote Spinnen.

Mittendrin in diesem Meer von Abfall in einer 30 Quadratmeter großen Wohnung in der Frankfurter Innenstadt steht Marcell Engel. Für den Hauseigentümer soll er die Wohnung entrümpeln und dort sauber machen, wo der Mieter verstorben ist. "Irgendwo hier", sagt er, "unter den Müllbergen muss er gelegen haben." Vom Wohnungsboden ist nichts zu erkennen.

Der 48-Jährige macht sich auf die Suche nach Leichenflüssigkeit. So fangen viele Aufträge des Tatortreinigers an.

Blut geht besonders schwer weg

Wenn Marcell Engel gerufen wird, sind Polizei und Bestatter mit ihrer Arbeit vor Ort schon fertig. Der Tatortreiniger macht zuerst die Leichenfundstelle sauber. Wenn jemand ohne äußere Gewalteinwirkung starb und wochenlang auf dem Fußboden lag, sind diese häufig mit Leichenflüssigkeit durchsetzt.

Nach heftigen Gewalttaten oder Raubüberfällen entfernt Marcell Engel zuerst Blut von Wänden, Türen, Decken und Böden. "Blut geht besonders schwer aus den Wänden", sagt der Sauberkeitsprofi: "Dafür habe ich ein extra Reinigungsmittel entwickelt."

Nicht alles an seinem Job hat mit Trauer, Tod und Leid zu tun. Es wird auch gelacht. „Eine Möglichkeit für den Umgang mit diesem täglichen Bildnis des Todes ist mit einem Lächeln im Gesicht“, sagt Engel in hr-iNFO „Das Interview“. Trotz aller Tragik der Ereignisse könne er so gut damit umgehen. So wie damals, als er zu einem besonderen „Tatort“ gerufen wurde. Es stellte sich heraus, dass die ältere Dame den Tod einer Maus betrauerte. Der Kopf des Opfers abgebissen, die vermeintliche „Mörderin“: Nachbars Katze.

Die Arbeit hat ihn verändert

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Buchtipp:

Buchcover "Die 7 Prinzipien des Tatort-Reinigers"
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Als junger Mann war Marcell Engel geplagt von Rückenschmerzen. Wie viele nahm er sie hin. Bis ein Einsatz als Tatortreiniger sein Leben veränderte. Ein „Kunde“ hatte sich das Leben genommen. Aus dem Abschiedsbrief ging hervor, dass er seine Schmerzen nicht mehr aushalten konnte – und wollte. Ein Einsatz, der Engel nachdenklich werden ließ. So weit sollte es bei ihm nie kommen. Und so änderte er sein Leben, begann eine Ausbildung zum Schmerzcoach, therapierte sich so zunächst selbst und hilft jetzt anderen. Und erzählt jetzt in hr-iNFO, „wie schön das sein kann als Schmerztherapeut, wenn man anderen diesen Schmerz nimmt.“

Anderen etwas mitgeben, das gibt Marcell Engel viel. Geschichten erzählen und mit „Learnings“ für das Leben zu verbinden. Das tut er inzwischen auch in seinem Podcast, im eigenen Videochannel, in seinem ersten Buch, dem weitere nachfolgen sollen und als Redner. Und natürlich als Gast in hr-iNFO „Das Interview“.

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