Militärische Begriffe im Alltag Deutsche Sprache, kriegerische Sprache

Bombenstimmung, 08/15 oder sich verfranzen: Unsere Alltagssprache steckt voller Krieg und Gewalt. Manches ist offensichtlich, anderes nicht so sehr.
Es noch gar nicht so lange her, zu Beginn der Corona-Pandemie, da konnte Olaf Scholz – damals noch Finanzminister – sowas hier sagen und sich dabei einigermaßen cool fühlen: "Das was wir hier machen ist erst mal die Bazooka, mit der wir das Notwendige jetzt tun." Wirtschaftshilfen in Coronazeiten mit Wumms, mit der Bazooka. Die Bazooka war eine tödliche Panzerabwehrwaffe der US-Armee, später wurde sie dann zu einer Metapher für finanzpolitische Maßnahmen. Eine Anleihe also aus der amerikanischen Soldatensprache.
Alltagssprache aus dem Militär
Haben wir eigentlich gar nicht nötig, wir haben doch selber reichlich Alltagssprache aus dem Militär. Ein Beispiel: "08/15". Das war die Bezeichnung eines deutschen Maschinengewehrs aus dem ersten Weltkrieg, eingeführt 1908, überarbeitet 1915. Im Zweiten Weltkrieg galt es dann als veraltet und wurde an die Reserve abgegeben. 08/15 wurde bei den Soldaten zu einer Metapher für "etwas veraltert" und "durchschnittlicher Standard".
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"Dieser Krieg verändert unsere Sprache"
Und: Haben Sie sich schon mal "total verfranzt"? Diese Redewendung kommt nicht etwa von den Fäden am Rande eines Tuchs, sondern aus der Fliegersprache des Ersten Weltkriegs. Da bestand die Besatzung oft aus einem Piloten und einem Navigator. Im Funkverkehr wurden die Piloten zu Emil und die Navigatoren zu Franz. Und wenn der dann die falschen Koordinaten angab, flog Emil in die falsche Richtung. Er hatte sich verfranzt. Möglicherweise hat er dann gesagt: "Mann! Jetzt reiß Dich am Riemen!" Das bezog sich ursprünglich auf dem Uniformgürtel, der beim Appell akkurat sitzen musste. Also: Disziplin bitte, gib Dir Mühe!
Nachklang der kriegerischen Vergangenheit?
Das Pulver verschießen, etwas im Eifer des Gefechts vergessen, eine Husten-Attacke haben, die Fahnen hochhalten, die Bombenstimmung genießen, auf Kriegsfuß stehen oder an allen Fronten gleichzeitig kämpfen: Das hört sich schon so an, als klinge da die kriegerische Vergangenheit Deutschlands bis zum Zweiten Weltkrieg nach. Im traditionell katholischen Spanien etwa benutzen die Menschen viel häufiger Redewendungen aus dem Kirchenleben. Gibt’s bei uns auch, aber nicht so häufig. Lieber sowas hier: "der Bomber der Nation". So wurde Gerd Müller gerne mal gefeiert, der Stürmer, gegen den auch ein Abwehrbollwerk machtlos war, einer, der jeden Angriff veredelte und 365 Tore schoss.
Ja, auch der Fußball ist ein Schlachtfeld der Militärsprache. Womöglich, weil viele Soldaten im Ersten Weltkrieg das Spiel kennenlernten und es dann – samt Soldatensprech – mit nach Hause brachten. Mit Blick auf den realen Krieg und das Leid der Menschen in der Ukraine fällt jetzt auf, wie martialisch unsere Alltagssprache oft ist. Es fällt auf, wie unangemessen Begriffe wie "Bombenstimmung" sind, wenn wir an die Menschen denken, die sich jetzt wieder in den Kellern verstecken müssen.