Japaner mit Hund

Japan braucht Nachwuchs: Das Land altert rasant und ist hochverschuldet. Doch im Jahr 2022 wurden erneut weniger Babys geboren als im Vorjahr. Viele junge Menschen schaffen sich lieber Haustiere an als Kinder. Unsere Korrespondentin hat nachgefragt, warum das so ist.

Haustiermesse in Japan: Minikleider, Wasserspender, gesunde Häppchen, jede Art von Leine und Kaninchen, die einem zum Streicheln auf den Schoß gesetzt werden. Letzteres hat Genki und Kanako besonders begeistert. Minutenlang kraulten beide durch das flauschige Fell, während der Blick in die Ferne schweifte.

Mütze, Anorak und ein Wagen für den Hund

Die Tiere seien süß und es sei ein schönes Erlebnis gewesen, sagen beide übereinstimmend. Das Paar, 40 und 35 Jahre alt, hat zu Hause eine Katze, aber kein Kind. "Das war keine bewusste Entscheidung. Dass wir ein Haustier haben, heißt nicht, dass wir keine Kinder wollen", sagen sie. Kanako glaubt auf jeden Fall, die Liebe zum Haustier sei dieselbe wie für ein Kind. 

Bei Mina macht das tatsächlich den Anschein. Ihr kleiner tibetanischer Löwenhund ist schon mal bestens ausgestattet: "Er hat ein Halsband, eine Mütze, einen Anorak mit eingenähter Hundeleine über seinem Unterhemd und noch einen Reflektor. " In seinem Hundewagen liegt er gemütlich auf mehreren Kissen, gewärmt durch eine flauschige Decke. Hat der kleine Hund Durst, drückt Mina auf die Plastikflasche am Wagen, das Wasser fließt dann direkt in eine integrierte Schale.

Japanerin mit Hund

Alleinerziehende haben es schwer

Pro Monat gebe sie etwa 10.000 Yen für ihren Hund aus, sagt Mina. Das sind rund 70 Euro. Mina liegt damit unter dem japanischen Durschnitt, der für Hunde bei 100 Euro im Monat liegt. Die 36-Jährige hat ihren Hund seit 14 Jahren. Ein Kind war und ist kein Thema, weil der Partner fehlt. "Ich bin nicht verheiratet, und deshalb habe ich auch keine Kinder. Aber natürlich ist ein Kind auch aufwendiger als ein Haustier."

Und möglicherweise als Alleinerziehende dazustehen - für Mina keine Option. Nicht nur finanziell, sondern auch gesellschaftlich haben es Alleinerziehende im konservativen Japan schwer. Viele Frauen aber haben auch keine Lust, ihren Job nach einer Geburt an den Nagel zu hängen, wie es immer noch häufig von ihnen erwartet wird.

"Mehr finanzielle Unterstützung für Familien"

Hiroyuki und Ayako haben ein Hausschwein UND ein Kind. Sie glauben, es müsste noch mehr finanzielle Unterstützung für Familien geben: "Künstliche Befruchtung sollte in Japan noch weiter ausgebaut werden und es sollte komplett kostenlos sein."  Japan hat in der Hinsicht zwar schon nachgebessert, doch immer noch gibt es Hürden - davon abgesehen, dass die Behandlung oft einfach am Alter der Frauen scheitert.

Hana und Tatsuya sind mit 30 und 27 Jahren im besten Alter für Kinder, doch die beiden haben sich erstmal für ein lustiges Hundeduo entschieden, das sie im Wagen durch die Messehalle kutschieren. "Man legt sich wahrscheinlich eher einen Hund zu als ein Kind – und das ist auch schon sehr befriedigend und auch ein bisschen so, wie ein Kind großzuziehen." Dennoch wünschen sie sich irgendwann auch menschlichen Nachwuchs.

Plan zur Steigerung der Geburtenrate

So weit sind Takumu und Nozomi noch nicht. Beide, 28 und 25 Jahre alt, sind zwar ein Paar, aber leben noch getrennt, und Nozomi hat zudem schon einen Hund und auch sie sagt: Der sei viel leichter großzuziehen als ein Kind. "Ich habe mir extra eine Wohnung gesucht, in die ich mit einem Hund einziehen kann. Und genauso ist es auch in meinem Freundeskreis, da gibt es auch viele, die allein mit Hund leben."

Um Kinder in die Welt setzen zu können, müssten erstmal die Löhne erhöht werden, meinen beide. Das predigt auch der Premierminister Japans, Kishida, doch tatsächlich sind sie in der Vergangenheit eher gefallen statt gestiegen.

Bis Juni will die Regierung einen neuen Plan zur Steigerung der Geburtenrate vorlegen - und hofft, dass sich dann mehr Japanerinnen und Japaner eher für ein Kind als ein Haustier entscheiden.

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