Der israelisch-britische Illusionist und TV-Moderator Uri Geller

Uri Geller löste heftige Kontroversen unter Zauberkünstlern aus - weil er behauptet, er verwende keine Tricks. Warum wurde ausgerechnet er, der jetzt 75 wird, so erfolgreich? Was fasziniert uns am "Verzaubertwerden"? Stephan Hübner, hr-iNFO-Wissenschaftsredakteur und selbst Zauberkünstler, hat Antworten.

Uri Geller verbog Löffel und Gabeln, scheinbar nur mit der Macht seiner Gedanken, oder brachte kaputte Uhren wieder zum Ticken. Und er eckte in Zaubererkreisen an. Warum?

Er sagte eben: 'Ich verwende keine Tricks, sondern das beruht auf übernatürlichen Kräften, die ich habe. Paranormale, telepathische Kräfte.' Und das stieß vielen Zauberern sehr übel auf. Denn schon damals, vor 40, 50 Jahren, war es seriös arbeitenden Zauberkünstlern sehr wichtig zu betonen, dass das, was in einer Zaubernummer als "Unterhaltungstäuschung" passiert, auf rational erklärbaren Techniken beruht. Geschickt verpackt freilich, aber eben in Gänze erklärbar. 

Das hängt ein Stück weit auch mit den Langzeittrauma Hexenverbrennungen und Magier-Verfolgungen im 15., 16. Jahrhundert zusammen. Und dann kam da mit Geller jemand, der manchmal sogar erzählte, Außerirdische oder Gott hätten ihm diese speziellen Kräfte gegeben. Da musste ihm fast automatisch diese Welle der Empörung aus Fachkreisen entgegenschlagen, und viele Kollegen waren eifrig damit beschäftigt, ihn zu demaskieren und zu widerlegen. 

Aber letztlich hat er größeren internationalen Erfolg gehabt als viele seine Kollegen. Offensichtlich fasziniert das, was er tut, die Menschen. Hast Du eine Erklärung für diese Freude der Menschen am "Verzaubertwerden"? 

Nicht nur eine. Eine wichtige ist: Zaubertricks geben Geschehnisse vor, die wir als sehr attraktiv empfinden. Wer würde nicht gern schweben können oder kaputte Gegenstände ganz machen können? Wer würde nicht gern wissen, was bestimmte andere Menschen denken oder wie die Lottozahlen vom nächsten Samstag lauten? Die Faszination am Zaubern steht also ein Stück weit für den Wunsch, unser Leben zu vereinfachen. Allein deshalb würde wohl jeder gern zaubern können. Und deshalb faszinieren ganz besonders auch fiktive Charaktere wie Harry Potter oder reale wie Uri Geller, die von sich sagen - oder sagten, Geller hat ja auch einige Rückzieher gemacht - dass sie das immer, überall und ohne jegliche Vorbereitung können. 

Was wären denn weitere Erklärungen für die ungebrochene Faszination des Zauberns? 

Zaubern ist natürlich auch ein Stück weit gemeinsames Rätselraten und befriedigt die Lust an der Enthüllung. Deswegen hatten und haben ja auch Zauberer, die Tricks erklären, immer wieder ihr Publikum. Deshalb mögen Zuschauer Kunststücke, bei denen sie zunächst denken, den Trick verstanden zu haben. Und dann geht vom Zaubern sicher auch, zumindest unterschwellig, eine gewisse Macht aus. Ich kann etwas, was Du nicht kannst, und dadurch habe ich einen Vorteil. Zauberkunststücke vorzuführen war deshalb einst auch ein Machtinstrument hochrangiger Persönlichkeiten. Es gibt etwa aus altägyptischen Tempeln Hinweise auf fest eingebaute Illusionsapparaturen, mit denen große Ehrfurcht erzeugt werden konnte. An der Stelle würde sich das Nachforschen also lohnen, inwieweit Zaubern unterschwellig auch als eine Insignie der Macht tradiert worden ist. 

Du bist Wissenschaftsredakteur, studierter Biologe - und Zauberer. Wie kommt es, dass ein "sachlicher Forschertyp" sich dafür interessiert?

Hinter jedem Kunststück steckt wie gesagt eine raffinierte, erklärbare Technik. Und wenn ich die beim Vorführen in den Hintergrund drängen will, dann wende ich zum Beispiel Techniken aus der Psychologie an. Die helfen mir dabei, die Aufmerksamkeit der Zuschauer auf das zu lenken, an das sie sich hinterher als "magische Geschichte" erinnern sollen. Oder ein zweiter Punkt: Viele Zauberkunststücke beruhen auf naturwissenschaftlichen Phänomenen - Chemie, Physik, Mathematik. Im 18., 19. Jahrhundert beispielsweise gab es sogar Zauberkünstler, deren Programme zumindest teilweise an heutige Wissenschaftsshows erinnert haben dürften, die etwa als "Professoren der amüsanten Physik" auftraten. Und drittens: Ist die Natur nicht selbst der größte Zauberer? Wenn sich etwa Raupen in Schmetterlinge verwandeln ...?

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