Skyline von Los Angeles ist über Wolken und Nebel

Korrespondenten berichten nicht nur täglich aus ihrem Berichtsgebiet, sondern leben auch dort und erfahren kulturelle Unterschiede. Nicht nur in der großen Politik, sondern auch im Alltag. So wie unser neuer Korrespondent für San Francisco und LA. Im "Korrespondenten-Tagebuch" erzählt er von Karl, dem Stadtnebel, teurem Bier und Zügen, die mit Windows 98 gewartet werden.

Eine Geschichte soll ich erzählen aus meinem neuen Leben als Korrespondent in San Francisco. Das geht aber nicht. Es sind viel zu viele Geschichten. In meinem Kopf machen Eindrücke und Emotionen seit fünf Wochen eine große Party. Und das fühlt sich ungefähr so an:

Hier (in LA) gibt es viel Nebel, der ist so berühmt, dass er einen Namen hat: Karl. Karl, der Nebel, hat auch einen eigenen Twitter-Account mit knapp 360.000 Followern. Ein Bier in einer Bar kostet hier acht bis zehn Dollar plus Trinkgeld. Alles ist teuer hier, das macht echt keinen Spaß.

Autos wie in "Zurück in die Zukunft"

San Francisco ist eine der Tech-Städte der Welt. Die U-Bahn-Züge sind hier aber teilweise 50 Jahre alt und um die warten zu können, benutzen U-Bahn-Techniker Windows 98 auf ihren Laptops. Hier fahren Autos durch die Stadt, die aussehen wie in "Zurück in die Zukunft". Manche haben keinen Fahrer. Bei der Beantragung meiner Sozialversicherungsnummer habe ich nicht gemerkt, dass mein Vor und -Nachname vertauscht wurden. Ich warte immer noch auf sie - seit Juni. Einfach mal mit alten Freunden einen Kaffeetrinken gehen, geht nicht mehr. Das fehlt. Man läuft hier alle paar Minuten durch Graswolken.

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„Wer Frisco zu San Francisco sagt, gilt als uncool - hier in Frisco.“
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Ich bin ganz allein hierhergekommen. Meine erste Bekannte habe ich durch eine Dating-App kennengelernt. 14-Stunden-Tage sind für sie ganz normal. Sie hat zwölf Tage Urlaub im Jahr, Krankheitstage werden davon abgezogen. Wer Frisco zu San Francisco sagt, gilt als uncool - hier in Frisco.

Landkarten des Elends

Zwei Freunden aus Deutschland wurden hier unabhängig voneinander die Scheiben ihrer Leihwagen eingeschlagen - auch das ist hier ganz normal. Auch hier gibt es Fans des FC Bayern. Sie sind überall. Manchmal treffen sie sich, um wichtige Spiele live anzuschauen. Die sind dann auch schon mal morgens um 6:30 Uhr. Hier gibt es ein deutsches Restaurant, da gibt es Kölsch aus Ein-Liter-Krügen.

Mieten für eine Dreizimmerwohnung liegen bei 3.000 bis 6.000 Dollar. Ich wohne in einem Apartment. Hundert Meter weiter wohnt ein junges Paar mit Hund in einem Iglu-Zelt an einer vielbefahrenen Kreuzung. Mein bisher bewegendstes Interview war mit der Chefin einer Obdachlosenhilfe. Sie sagte, die Gesichter der Menschen auf der Straße seien wie Landkarten des Elends. Wenn sie diese Menschen wieder irgendwo unterbringt, dann sehe sie, wie sich die Gesichter komplett zum Positiven verändern. Das motiviere sie weiterzumachen.

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