Emmanuel Macron

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gilt als abgehoben. Will er sich in der Stichwahl gegen die Rechtspopulistin Marine Le Pen durchsetzen, muss er mehr Demut zeigen – und eine Wahlrechtsreform anstoßen.

Es ist tatsächlich 5 vor 12. Die Rechtspopulistin Marine Le Pen könnte die Stichwahl gewinnen. Macron muss deshalb jetzt den Schalter umlegen. Er muss jetzt beweisen, dass er in den Jahren seiner Amtszeit etwas gelernt hat. Dass er bereit ist, die Französinnen und Franzosen ernst zu nehmen, ihnen zuzuhören, gemeinsam mit den Sozialpartnern zu regieren und nicht jupiterhaft – quasi von oben herab - wie er es zu Beginn seiner Amtszeit verkündet hatte.

Nicht als Stimmvieh missbrauchen

Macron ist schlauer gebildeter und redegewandter als die meisten seiner Landsleute. Aber er ist auch arroganter, selbstverliebter und abgehobener als sie. Die Gelbwesten gingen nicht nur wegen gestiegener Spritpreise auf die Straße, sondern auch, weil Macron sie nicht zu verstehen schien, sie verachtete. In den kommenden zwei Wochen vor der entscheidenden Stichwahl muss er genau jene für sich gewinnen, die eigentlich die Schnauze voll hatten vom Überflieger Macron. Dazu muss er ihnen etwas anbieten: Mehr Dialog, mehr Demut.

Doch sollte es ihm wirklich gelingen, seine Gegner für sich zu mobilisieren - dann werden sie ihn nur mit der Faust in der Tasche wählen. So könnte Macron zwar Le Pen vom extrem rechten Rassemblement National noch einmal verhindern. Aber schon an Tag 1 nach seiner Wiederwahl werden sich die Wählerinnen und Wähler von ihm abwenden. Denn sie wollen nicht mehr gegen ihre Überzeugungen stimmen. Nicht mehr als Stimmvieh gegen die extreme Rechte missbraucht werden.

Von der präsidialen Republik zum gestärkten Parlament

Ein Präsident ohne Vertrauensvorschuss wäre er und die ohnehin weidwunde, zerstrittene und zersplitterte französische Gesellschaft würde sich nach diesem republikanischen Akt der Selbstverleugnung wieder in ihre Gräben zurückziehen. Deshalb ist das beste Angebot, das Macron den enttäuschten Wählerinnen und Wählern machen kann, eine tiefgreifende Wahlrechtsreform. Weg von der präsidialen Republik mit einem schier allmächtigen Präsidenten, hinter den sich alle scharen müssen. Hin zu einem gestärkten Parlament mit Verhältniswahlrecht.

Das würde dazu führen, dass die politischen Überzeugungen der Französinnen und Franzosen endlich angemessen in der Nationalversammlung vertreten wären, auch die extremen – eingebunden in die parlamentarische Kontrolle. Für den jupiterhaften Macron wäre dies ein schmerzhafter Schritt. Aber am Ende ist es der einzige Weg dafür zu sorgen, dass solch ein Duell wie es Frankreich jetzt erneut bevorsteht, nie wieder vorkommt.

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