Ein Mitglied der afghanischen Sicherheitskräfte durchsucht einen Mann an einem Sicherheitskontrollpunkt während einer Räumungsaktion.

Wenn unser Korrespondent in Afghanistan unterwegs ist, heißt es oft: Checkpoints passieren. Da stehen dann junge Taliban mit Kalaschnikows, die manchmal freundlich, manchmal grimmig gucken. Es sind Männer, die nichts gelernt haben außer zu kämpfen.

Bei den ersten Malen war ich immer ein bisschen angespannt: Smartphone weg, bloß nicht filmen. Wo sind meine Papiere? Reisepass, gelbe Arbeitserlaubni und - ganz wichtig - Brief des Außenministeriums, dass ich eben auch als Journalist hier arbeiten und eigentlich überhaupt nur sein darf.

Die Waffe ständig im Anschlag

Der Fahrer fährt erst Schritttempo, hält dann an. Eigentlich immer ein martialischer Anblick. Rechts ein junger Talib mit Kalaschnikow um den Hals, links noch einer und im Hintergrund einer, der alles im Blick hat, die Waffe ständig im Anschlag. Jetzt redet entweder der Fahrer oder der Beifahrer mit demjenigen, der das Sagen hat. "Wo kommt ihr her? Wo wollt der hin?", fragt der Talib. "Wer ist der Ausländer auf dem Rücksitz?". "Radio Almanas", sagt dann mein Fixer - so nennt man die Helfer ausländischer Journalisten, die alles organisieren, eben alles fixen oder richten, damit man überhaupt arbeiten kann in einem Land wie Afghanistan.

Die Anspannung jedenfalls fiel bei mir langsam weg, je mehr Checkpoints wir passierten. Zeitweise gab es auf zwei, drei Kilometern innerhalb Kabuls fünf solcher Straßenkontrollen. Die Taliban schauten mal grimmig, mal weniger, viele warfen nur kurz einen Blick ins Auto und winkten uns durch. Dann gab es aber auch strengere Checkpoints - so mit Kofferraum öffnen und Wagenpapiere zeigen. Und manchmal auch die, die tatsächlich meine Papiere sehen wollten. Zufrieden waren sie dann, wenn sie das Schreiben des Außenministeriums sahen, mit Briefkopf des neuen Emirats.

Eine verlorene Generation, die nichts gelernt hat außer zu kämpfen

Diese jungen Taliban mit ihren Tüchern um den Kopf, manche mit schwarzen Gesichtsmasken, die seien letztes Jahr aus den Bergen in die Stadt gekommen, als die Taliban die Macht in Kabul und im ganzen Land übernahmen. 18, 19-Jährige, die kaum oder gar keine Schulbildung haben, aber schon als Teenager mit einer Waffe umgehen mussten und gekämpft haben gegen die ausländischen Truppen und die Regierung in Kabul - die töten können, aber nicht lesen. Ich denke immer, wahrscheinlich gibt es deshalb so viele Checkpoints, weil es so viele junge Taliban-Kämpfer gibt, die sonst nichts können außer kontrollieren und aufpassen und natürlich grimmig gucken.

Zu mir, dem deutschen Journalisten, sind sie oft freundlich. "The taliban army and soldiers, 24/7 at your service", meinte einer neulich, als er sah, dass ich Deutscher bin. "We love every country, especially German country." Das ist dann schon fast komisch. Also, meine Anspannung an den Taliban-Kontrollen ist längst gewichen. Was aber bleibt bei mir, ist die Frage: Was sollen diese jungen Männer in Zukunft denn machen, wenn man nicht alle paar hundert Meter einen Kontrollposten braucht? Das ist tatsächlich eines der großen Probleme dieses Landes - eine verlorene Generation zu haben, die nichts gelernt hat außer zu kämpfen.

Weitere Informationen Ende der weiteren Informationen