Azow -Regiment

Russlands Angriffskrieg ist laut Experten völkerrechtswidrig. Darf man in diesen Zeiten kritische Fragen stellen - etwa nach der Rolle des Asow-Bataillons in der Ukraine? Unser Autor meint: ja, man darf. Auch und besonders im Krieg sind Fakten wichtig.

Eine Einheit der ukrainischen Nationalgarde ist das Asow-Bataillon oder Asow-Regiment, das von vielen als rechtsextremistisch angesehen wird. Darüber berichten zahlreiche Medien. Auch tagesschau.de tat das auf seiner Webseite. Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, kritisierte das bei Twitter: "Leute, liebeTagesschau, lassen Sie doch endlich das Asow-Regiment in Ruhe bitte. Wie lange wollen Sie dieses russische Fake-Narrativ jetzt mitten im russischen Vernichtungskrieg gegen ukrainische Zivilisten, gegen Frauen und Kinder in Mariupol bedienen?"

"Offene Verherrlichung des Nationalsozialismus"

Allerdings gibt es Fotos von Asow-Soldaten, die Helme mit Hakenkreuz oder SS-Runen getragen haben. Das offizielle Symbol auf ihren Flaggen ist die Wolfsangel, die auch viele Divisionen der SS in Deutschland verwendeten. Stimmt der Vorwurf einer Nazi-Organisation? Zumindest was ihre Symbolik und die Ziele angehe, lasse das eigentlich nichts an Offenheit zu wünschen übrig, sagt Simone Rafael von der Amadeu Antonio Stiftung, die sich dem Kampf gegen Rechtsextremismus widmet. "Wir haben es tatsächlich mit offener Verherrlichung des Nationalsozialismus zu tun, mit den Ideologiefragmenten, die damit zu tun haben, eben zum Beispiel nicht nur Nationalismus, sondern auch sehr verstärkt Antisemitismus oder auch Antiziganismus. Das heißt: Ja, das ist eine rechtsextreme Organisation, die auch mit dieser Symbolik in den Krieg zieht."

Auch der ehemalige Bundestagsabgeordnete der Linkspartei, Fabio De Masi, schrieb bei Twitter dem Botschafter der Ukraine: "Dass das Asow-Regiment mit Naziflaggen posiert und gefährliche Faschisten in den eigenen Reihen duldet, haben sich diesmal nicht die Russen ausgedacht." Prompt antwortete ihm Botschafter Melnyk: "Halten Sie lieber ihre linke Klappe, Fabio De Masi, und alle ihre Kumpels. Es war und bleibt die Linke, die Kriegsverbrecher Putin und dieses grässliche, aggressive Russland Jahrzehnte hofiert hat."

"Keinen großen Einfluss auf die ukrainische Regierung"

Darf man über eine ukrainische Armee-Einheit, der vielfach rechtsextremistisches Gedankengut nachgewiesen werden kann, in unseren Medien berichten? Die russische Propaganda will ja den Eindruck erwecken, die Ukraine werde von Faschisten regiert. Was aber nicht stimmt, sagt Simone Rafael: "Auf die ukrainische Regierung haben die keinen großen Einfluss. Also tatsächlich haben ja rechtsextreme Parteien, die es auch in der Ukraine gibt, bei den letzten Wahlen massiv verloren. Die haben noch einen Vertreter im Parlament, und insofern ist das sozusagen ein Prozess, dass von den demokratischen Kräften versucht wurde, eben dieses Bataillons auch zu integrieren in ihre Streitkräfte." Schließlich ist Präsident Selenskyj jüdisch, und er hat auch schon den Vorwurf zurückgewiesen, Nazis regierten die Ukraine.

Die Ukraine ist ein demokratisches Land, und die Demokratie wird dort auch gerade verteidigt, sagt auch Simone Rafael von der Amadeu Antonio Stiftung. Deshalb versteht sie, wenn man nicht ausgerechnet jetzt das problematische Asow-Bataillon zum Thema machen will. Allerdings: Auf Nazis müsse man immer schauen, sagt sie. "Ich würde es nicht überbetonen, es ist sicherlich nicht das Hauptthema in der Berichterstattung, und das ist auch richtig so. Aber zu sagen: 'Halt die Klappe und schaut nicht mehr hin', das finde ich ehrlich gesagt auch verkehrt."

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