Neue Kurienverfassung Top-Jobs im Vatikan jetzt auch für Frauen

Sie wurde lange erwartet und dann doch völlig überraschend veröffentlicht: die neue Verfassung für die Kurie in Rom. Sie ist das Grundgesetz für die Regierung der katholischen Weltkirche. Und sie zeigt, wohin Franziskus die Kirche führen will.
Wie das Oberkommando eines Heeres - so soll die römische Kurie nicht mehr angesehen werden. Das sei eine ideologische Neuerung, meint Buchautor Marco Politi, der seit Jahrzehnten den Vatikan beobachtet. Man müsse jedoch sehen, wie sich das in der Praxis entfalte. Eigentlich wünsche sich Papst Franziskus eine synodale Kirche, wo alle mitarbeiten. "Ich glaube, viel hängt davon ab, wie sich jetzt die Weltsynode entwickeln wird in diesen zwei Jahren. Denn die Themen sind grundlegend, fast wie ein kleines Konzil - die Kirche als Gemeinschaft, nicht mehr als Pyramiden-Organisation", so Politi. Die Teilhabe und Teilnahme in der Kirche bedeute Mitbestimmung und dann die Mission der Kirche.
Abschluss einer Reform, an der neun Jahre gearbeitet wurde
Die neue Verfassung für die Kurie, die Franziskus am neunten Jahrestag seines Pontifikats unterzeichnet hat, dient als Gerüst für den geplanten Kurs. Es ist der Abschluss einer Reform, an der neun Jahre lang gebastelt wurde und die viele Änderungen schriftlich festlegt, die schon in den letzten Jahren gemacht wurden.
Bei der offiziellen Vorstellung der 54 Seiten betont Kurienkardinal Marcello Semararo, die Kurie sei ein Instrument der Dienstleistung, also müsse sie auf die Erfordernisse der Zeit reagieren. "Selbst der Papst sagt: Wir befinden uns nicht mehr in einer Epoche des Wandels, sondern in einem Wandel der Epoche. Die Kurie kann es nicht versäumen, dies und alles andere zu berücksichtigen."
Spitzenjobs für Laien - sogar für Frauen
Spitzenjobs im Vatikan können künftig auch Laien bekommen - und sogar Frauen. Schon in den letzten Jahren hat der Papst immer mehr Frauen in Leitungspositionen gebracht, vor zwanzig Jahren noch schien das undenkbar. Doch die Widerstände gegen die Reformen bleiben bestehen, so Politi: "Der Bürgerkrieg innerhalb der Kirche geht jedes Jahr weiter. Das hat theologische Gründe. Wenn es um Homosexuelle geht, wenn es um die Kommunion für die wiederverheirateten Geschiedenen geht." Das werde sich jetzt nicht ändern mit der Kurienrefom. Es sei aber wirklich wichtig, was es heute bedeute, Laien an die Spitze der Kurie in Ämter zu bringen.
Die neue apostolische Konstitution regelt die Ordnung und die Rangfolge der Sekretariate und Dikasterien, also sozusagen der Ministerien. Ganz oben steht nun das Dikasterium für die Evangelisierung, sprich: für die Verkündigung des Glaubens. Franziskus hat immer wieder betont, wie wichtig ihm das ist. So nennen sich die 54 Seiten der Reform auch „Praedicate Evangelium“, also verkündet das Evangelium. Und er selbst wird ihm als Präfekt vorstehen. Ein zentrales Gewicht bekommen die Finanzen. Mehr Transparenz und bessere Kontrolle – so das Ziel.
Ein Mentalitätswandel?
Es habe in der letzten Zeit schon eine grundlegende Reform gegeben, sagt Marco Politi: Alle Fonds und Immobilien von den verschiedenen Verwaltungen und Dikasterien seien jetzt unter eine Hand gebracht worden - in der sogenannten Verwaltung der Güter des Heiligen Stuhles. "Alles ist also zentralisiert und das Sekretariat für Wirtschaft kontrolliert das. Dann gibt es eine besondere Kommission für Investitionen. Also heute gibt es die Möglichkeit, eine Kontrolle zu haben, die es früher nicht gab."
Neue Zuschnitte, neue Rangordnung: Für die rund 2.500 Mitarbeiter in der römischen Kurie wird sich einiges ändern. Aber vor allem für die Gläubigen weltweit - wenn die Reform wirklich so angewandt wird, wie es in den 250 Artikeln steht. Und damit ein Mentalitätswandel einsetzt.