Pro und Contra: Sitzblockaden von Umweltaktivisten Besser als auf die nächste Klimakonferenz zu hoffen?

Mit Sitzblockaden haben Umwelt-Aktivisten wieder wichtige Knotenpunkte in Frankfurt blockiert. Sie fordern eine sofortige Abkehr von fossilen Energien. Aber machen solche Proteste Sinn? Unsere Autoren sind geteilter Ansicht.
PRO: Was bleibt den jungen Menschen noch übrig?
Von Frank Angermund
Natürlich wäre auch ich genervt, wenn ich auf dem Weg zur Arbeit stundenlang im Stau stehen müsste, weil ein paar Aktivisten des Bündnisses "Letzte Generation" ihre Hände auf der Fahrbahn festgeklebt haben. Aber mal ehrlich: Ich frage mich, was bleibt den jungen Menschen denn noch übrig, um auf die Klima- und Umweltsituation und ihre Zukunft aufmerksam zu machen? Auf die nächste Klimakonferenz hoffen? Dann doch lieber ziviler Ungehorsam. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres hat nach dem letzten Klimabericht von Lügen der Politik und von Unternehmen beim Klimaschutz gesprochen. Ich finde, die Zeit tickt. Es bleiben nur noch wenige Monate, um das Ziel des Pariser Klimaabkommens, dass die Erderwärmung die 1,5 Grad-Grenze nicht überschreitet, zu erreichen. Ich finde, gerade jetzt sollte der Ausbau der erneuerbaren Energien mit Hochdruck vorangetrieben werden.
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Klima-Aktivisten blockieren Verkehr an neun Stellen in Frankfurt

Doch das Tempo beim Klimaschutz gleicht einer Schnecke. Da wird über Abstände von Windkraftanlagen debattiert oder ob Tempolimits sinnvoll sind. Es fahren meiner Meinung nach immer noch zu viele Menschen mit PS-starken Verbrennermotoren umher. Auch wenn mir klar ist, dass Bus und Bahn nicht überall als Alternative zur Verfügung stehen - der Ausbau dauert zu lange. Aber deshalb kleben sich die Aktivisten ja auf die Straße, um uns zu zeigen: Macht schneller beim Klimaschutz, sonst droht der Kollaps. Die Aktivisten wollen, dass wir über ihre Anliegen diskutieren und schnell handeln. Aber was machen wir? Wir diskutieren nur darüber, ob ihre Protestaktionen strafbar sind. Für mich ist das bei der Größe des Problems der falsche Blickwinkel.
CONTRA: In der Sache bringt das null
Von Jens Borchers
Ich halte nichts davon, wenn sich Umweltaktivisten auf Fahrbahnen festkleben. Ich glaube auch nicht daran, dass gefährliche Sitzblockaden auf Hauptverkehrsstraßen ein positiver Beitrag für den Klimaschutz sind. Meine Sorge ist, dass wir mit immer extremeren Protestaktionen gerade kein gutes politisches Klima für ein eigentlich wichtiges und richtiges Ziel schaffen. Wenn sich selbsternannte Waldschützer an Autobahnbrücken abseilen, wenn übermotivierte Greenpeace-Aktivisten mit einem Motorschirm in ein Fußballstadion fliegen und dabei sich und die Zuschauer gefährden, dann bringt das in der Sache genau null.
Wenn dahinter das Kalkül stecken sollte, maximale Medienaufmerksamkeit werde Politiker zu radikalen Kurswechseln zwingen, dann wird das nicht aufgehen. Das Wettrennen von Aktivisten unterschiedlichster Couleur um die spektakulärste Protestform bringt niemandem etwas. Wir haben in Sachen Klimaschutz kein Defizit an Aufmerksamkeit, wir haben ein Manko an konsequentem politischem Handeln. Kann einen das nerven, aufregen und wütend machen? Unbedingt. Aber daran ändert sich nichts, wenn Aktivisten Kreuzungen blockieren oder riskante Flugmanöver unternehmen. Das gefährdet potenziell sie selbst und im schlimmsten Fall auch noch andere. Und ich fürchte, dass sich diese Spirale immer weiter nach oben schrauben könnte. Und deswegen halte ich nichts davon, wenn sich Umweltaktivisten auf Fahrbahnen festkleben.
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