Russisches Öl

Die EU-Kommission hat ein Ölembargo gegen Russland vorgeschlagen. Die russischen Lieferungen in die EU sollen demnach Anfang nächsten Jahres weitestgehend eingestellt sein. Aber wie sinnvoll wäre das? Brächte es den gewünschten Effekt? Unsere Autoren sind sich uneinig.

PRO: Die EU darf Russlands verbrecherische Militärmaschine nicht länger schmieren

Von Stefan Ueberbach

Natürlich ist es richtig, den Kriegstreiber im Kreml da zu treffen, wo es ihm am meisten wehtut. Und das sind die Rohstoffe. Gerade der Ölhandel ist für Russland ein lukratives Geschäft und Europa ein guter Kunde. Die Hälfte der russischen Exporte geht in die EU. Allein in diesem Jahr sind dafür schon mehr als 20 Milliarden Euro in Putins Kassen geflossen. Damit muss Schluss sein. Die Europäische Union darf Russlands verbrecherische Militärmaschine nicht länger schmieren, und Erdöl gibt es schließlich auch anderswo: Mit Norwegen, Großbritannien, Aserbaidschan, den USA oder dem Irak sind alternative Lieferanten längst am Start.

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Macht ein Ölembargo alles teurer?

Eine Anzeigetafel an einer Autobahn-Tankstelle zeigt hohe Preise für Diesel, Super E10 und Super Benzin an (dpa)
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Ja, Risiken und Nebenwirkungen gibt es. Steigende Energiekosten zum Beispiel müssen abgefedert, Bürger und Wirtschaft entlastet werden, was in vielen Ländern hier auch schon passiert. Wirksame Sanktionen sind eben nicht zum Nulltarif zu haben. Deshalb ist für mich die einzige Frage: Warum, bitteschön, soll das Embargo erst zum Jahresende greifen? Damit bekommt Putin doch viel zu viel Zeit, um sich in aller Ruhe nach anderen Abnehmern umzusehen, die er im Gegenzug für politische Unterstützung mit Preisnachlässen ködern kann. Angesichts des furchtbaren Mordens jeden Tag in der Ukraine kann es eigentlich nur eine Entscheidung geben: nämlich einen vollständigen Ölboykott - und zwar sofort.

CONTRA: Bestenfalls halbherzig und obendrein noch unvollständig

Von Holger Beckmann

Wie passt das eigentlich zusammen? Einerseits ein Ölembargo gegen Russland, damit das Regime Putin finanziell austrocknet, und andererseits eine Benzinpreisbremse, damit Autofahren erschwinglich bleibt in Deutschland - natürlich auch ohne Tempolimit. Es passt überhaupt nicht zusammen. Denn wer jetzt per Einfuhrstopp Russland das Ölgeschäft verderben will, ohne gleichzeitig den eigenen Ölverbrauch massiv zu reduzieren, der wird am Ende genau das Gegenteil erreichen, weil der Ölpreis weiter steigt und Putin sein immer teureres Öl dann einfach anderen verkauft - mit freundlichen Rabatten. Indien und China warten sicher schon auf sowas. Geld wird Russlands Machthaber damit immer noch genug verdienen.

So ist das von Ursula von der Leyen vollmundig vorgeschlagene Ölembargo Europas bestenfalls halbherzig und obendrein auch noch unvollständig, weil Ungarn und die Slowakei bis auf weiteres gar nicht mitmachen. Putin kann sich freuen: Er hat Europa gespalten, ohne sich dabei zu ruinieren. Schmerzhaft für die Europäer, weil Öl jetzt richtig teuer werden könnte und der Krieg in der Ukraine trotzdem weitergeht. So ein Embargo braucht keiner.

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