Diaby, Tesfaiesus, Zorn

Der Bundestag ist divers wie nie. Elf Prozent der Abgeordneten etwa haben eine Migrationsgeschichte, drei davon sind Schwarz. Wir wollten wissen, welche Themen sie antreiben und wie sie ihre Rolle im Parlament wahrnehmen.

Awet Tesfaiesus sitzt in ihrem Büro im Deutschen Bundestag, auf dem Tisch liegt eine neue Ausgabe eines antirassistischen Sachbuchs: "Und jetzt du" steht auf dem Einband. Ein Aufruf zum Handeln. Tesfaiesus ist Rechtsanwältin und sitzt seit September für die Grünen im Bundestag. Und sie ist die erste Schwarze Frau im Parlament.

Rassismus als Ansporn

Rassismus erlebt sie täglich. Ein Ansporn für ihre Arbeit, sagt sie. Besonders die Attentate in Hanau 2020. "Für mich war Hanau der Moment, wo ich einfach nicht mehr konnte und das Gefühl hatte, ich möchte bei mir persönlich in meinem Leben was ändern. Ich möchte für mich Verantwortung übernehmen und sagen, ich wirke an der Veränderungen mit."

Als erste Schwarze Frau im Bundestag will Tesfaiesus Vorbild für andere sein. Befürchtungen, dass sie dadurch Ziel möglicher Anfeindungen wird, hat sie keine - und das, obwohl allein im letzten Jahr in Deutschland rassistisch motivierte Taten um 20 Prozent zugenommen haben. "Angst vor Anfeindungen an sich habe ich nicht. Wahrscheinlich, weil die viel größere Angst ist, dass dieser Rassismus weitergeht."

Vertreterin Schwarzer Menschen in Deutschland

Als Rechtsanwältin ist sie Expertin für Asylrecht. Selten wird sie nur in dieser Rolle gesehen, sagt sie. Wenn sie öffentlich spricht, sehen die Menschen in ihr auch immer eine Vertreterin Schwarzer Menschen in Deutschland. Ihre eigenen Erfahrungen so in den Bundestag zu tragen, sieht sie als Stärke: "Ich finde, gute Arbeit kann nur funktionieren, wenn ich wirklich weiß, wovon ich rede."

Szenenwechsel: das Büro von Karamba Diaby. Der SPD-Abgeordnete ist seit 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages. Zusammen mit Charles Huber von der CDU war er dort der erste Schwarze Abgeordnete überhaupt. Politisch aktiv war Karamba Diaby schon zu Schulzeiten, und zwar mit einer Fülle von Themen. Rassismusbekämpfung allein etwa war für ihn keine Motivation.

"Eine Stimme von 736 bewegt gar nichts"

Dennoch will er sich für Schwarze Menschen in Deutschland einsetzen und dafür auch Verantwortung übernehmen: "Die Herausforderung ist, deutlich zu machen, dass man offene Ohren hat, dass man sensibel ist für das Thema, dass ich mich für die Lösung gewisser Dinge einsetze, aber dass ich alleine nicht alles regeln kann. Eine einzige Stimme von 736 bewegt gar nichts."

Mit Karamba Diaby, Awet Tesfaiesus und Armand Zorn sitzen aktuell drei Schwarze Abgeordnete im Bundestag. Dabei leben mehr als eine Million Schwarze Menschen in Deutschland. Diaby hofft, dass sich in Zukunft noch mehr von ihnen für Politik interessieren und in die Parlamente ziehen. "Man kann auch als Migrant in diesem Land erfolgreich im Bereich Bildung, im Bereich Politik sein", sagt er. "Man muss nur die Gewissheit haben, dass man nicht bei kleinen Hindernisse aufgibt. Wenn man das Glück hat, dass man gesund ist, dann ist das auch möglich."

Jungen Menschen Möglichkeiten zeigen

Auch Awet Tesfaiesus knüpft an den Gedanken an und will Mut machen. Sie hofft, dass auch durch ihre Arbeit in der Bundespolitik Rassismus in Deutschland abnimmt und zum Beispiel keinen Einfluss auf die Berufswahl hat. "So wie ich das damals auch überlegt habe: Kann ich selbständige Anwältin sein als Schwarze Frau, kann ich überleben mit einer eigenen Kanzlei, wird man mich überhaupt akzeptieren? Diese Sachen sollten keine Rolle mehr spielen."

Einen wichtigen Beitrag dazu leisten mit Sicherheit beide, denn Vorbild zu sein und jungen Menschen Möglichkeiten zu zeigen, schafft neue Chancen. Karamba Diaby wünscht sich deshalb mehr Minderheiten im Bundestag.

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