Südkoreanische Filme und Serien Über den Erfolg von Squid Game & Co

Südkoreanische Filme und Serien erleben in jüngster Zeit international einen regelrechten Boom. Das liegt wohl auch daran, dass Netflix seit einigen Jahren sehr viel Geld in das Land investiert und ein Gespür für die Themen der Zeit hat.
Das Skript für Squid Game hat der Autor schon vor zehn Jahren geschrieben, aber es ist aktuell wie nie. Denn nicht zuletzt durch die Pandemie ist die Privatverschuldung in Südkorea stark gestiegen, sagt Wirtschaftswissenschaftler Ain Jin Goel von der Sangju Universität. Ein Grund dafür sei, dass es der Politik nicht gelungen sei, den überhitzen Immobilienmarkt in den Griff zu bekommen. "Die Leute haben gedacht: Von dem Boom wollen wir auch profitieren, haben investiert und sehr hohe Kredite aufgenommen."
Vor allem unter jungen Koreanern sei so der Begriff „investiere Deine Schulden“ entstanden, doch inzwischen können viele ihre Kredite nicht mehr bedienen. Jeder Koreaner steht im Durchschnitt mit 30.000 Euro in der Kreide, so der Ökonom.
Sehr wettbewerbsorientierte Gesellschaft
Hinzu kommt, dass gerade in einer Stadt wie Seoul das Leben immer teurer wird, die Mieten sind die Höhe geschossen. Und: "Viel Geld fließt auch in die Bildung, koreanische Eltern wollen ihre Kinder um jeden Preis auf eine Universität bringen", sagt Ain Jin Goel. "Und die meisten Bildungsreinrichtungen kosten eben Gebühren. Da kommt also viel zusammen und der Schuldenberg wächst."
Südkorea ist eine sehr wettbewerbsorientierte Gesellschaft. Nach dem Ende der Militärdiktatur in den 80er Jahren hat das Land einen sagenhaften wirtschaftlichen Aufstieg hingelegt. Jeder will an diesem Erfolg teilhaben, doch die Schere zwischen arm und reich wurde zuletzt immer größer. Ein Ranking zur Weltungleichheit zeigte kürzlich, dass die obersten zehn Prozent im Durchschnitt 14 Mal so viel verdienen wie die unteren 50 Prozent der Bevölkerung.
Brutal und dennoch witzig
Eine Tatsache, die schon der Film Parasite thematisierte, der 2020 mehrere Oscars gewann. Der Film ist eine bitter-brutale Parodie auf die abgehobene Welt der Reichen. In dem Film schleicht sich eine arme Familie in einen wohlhabenden Haushalt ein. Zwischendurch artet der Film, der im Koreanischen übrigens so viel wie parasitäre Würmer bedeutet, zur Splatterkomödie aus.
Richtig brutal geht es auch in „Hellbound“ zu, eine Mysteryserie von Netflix über eine radikale Kirchengruppe, die alle vermeintlichen Sünder zur Rechenschaft zieht. Ein Thema, das auch am Rande in der Serie Squid Game auftaucht.
Die Serie zeige gut, wofür die koreanischen Kirchen stehen, sagt Choi Joo Kwang. "Viele Kirchen brauchen die Menschen, weil sie ihnen ihre Existenz sichern, egal ob sie gläubig sind oder nicht. Und es gibt sicher auch eine Menge Leute, die nach außen sehr gläubig tun, sich aber hinter verschlossenen Türen ganz anders verhalten. So wie diese Person in Squid Game. Der Mann betet, weil er um sein Leben fürchtet, aber wenn er nicht in Not wäre, würde er sich sicher ganz anders verhalten."
Innerhalb Asiens boomt der Herzschmerz
Choi Joo Kwang muss es wissen, denn er ist selbst Pastor und hat lange in einer der größten christlichen Kirchen in Seoul gepredigt. Doch dann ist er bitter enttäuscht ausgestiegen und betreibt jetzt ein Café. Er ist jetzt ein Pastor ohne Kirche, predigt wegen der Pandemie nur noch sonntags online. "Anders als viele andere Kirchen, wo der Pastor vorn steht und seine Messe hält, steht bei uns der Austausch im Vordergrund", sagt er. "Jedes Mitglied liest eine Stelle aus der Bibel vor und erzählt, wie es diese Stelle versteht. Und da zeigen sich dann die Unterschiede, denn wir sind alle verschiedene Menschen."
International hat Südkorea zuletzt mit Filmen und Serien auf sich aufmerksam gemacht, die immer gnadenlos brutal und dennoch auch auf ihre Art witzig und bissig waren. Innerhalb Asiens sind jedoch schon länger richtige Herzschmerz-Serien beliebt. So war 2019 "Crash landing on you" in Japan ein riesiger Erfolg. Eine reiche Unternehmerin stürzt mit einem Gleitschirm in der entmilitarisierten Zone ab und verliebt sich in einen nordkoreanischen Soldaten.