Ukrainerinnen und Ukrainer kommen am Frankfurter Hauptbahnhof an.

Der Krieg in der Ukraine dauert jetzt schon fast 14 Wochen. Bereits im März sind die ersten Ukrainerinnen nach Deutschland gekommen. Wie ist es ihnen seitdem hier ergangen? Und welche Perspektiven sehen sie für sich? Unsere Reporterin Anna Vogel hat zwei Frauen aus der Ukraine getroffen, die jetzt in Hessen leben.

Vita streicht sich die Haare aus dem Gesicht. Die 29-jährige Ukrainerin sitzt bei ihrer Freundin Olena Weber im Garten in Heppenheim. Vor mehr als zwei Monaten hat Vita ihre Heimat Kiew verlassen. Inzwischen wohnt sie in einer eigenen kleinen Wohnung in Heppenheim und besucht seit rund drei Wochen schon einen Integrationskurs, in dem sie Deutsch lernt, erzählt sie. Ihre Freundin Olena übersetzt: "Sie geht fünfmal pro Woche dort hin und jeden Tag hat sie vier bis fünf Stunden Unterricht. Richtig intensiv."

Dankbar für die Unterstützung vom Staat

Inesa dagegen muss noch auf ihren Platz im Integrationskurs warten. Die 35-jährige Frisörin ist mit ihren zwei Kindern aus einer Stadt südöstlich von Kiew geflohen und hat zuerst bei Olena gewohnt, die selbst schon nach der Annexion der Krim aus Mariupol nach Deutschland gekommen ist. Das Gespräch mit Inesa führen wir über Telefon, denn in der Klasse der Tochter gab es einen Corona-Fall.

Dass ihr Sohn inzwischen in den Kindergarten und die Tochter in Heppenheim aufs Gymnasium gehen kann, sei eine große Erleichterung – auch wenn nicht alles einfach ist, übersetzt Olena. "Das ist schwer für ihre Tochter in der Schule. Weil sie die deutsche Sprache nicht kann. Aber sie lernt. Inesa ist sehr dankbar, dass sie die Unterstützung vom Staat bekommen hat und ihre Tochter geht in diese Betreuung, wo sie viel Zeit verbringen kann. Sie hat dort schon Freunde gefunden."

Viel zu organisieren

Für Inesa gibt es gerade viel zu organisieren. Gerade gibt es wohl Probleme mit Fragebögen der Krankenkasse, dann will sie Deutsch lernen, um auch arbeiten zu können. Abends versucht sie, mit ihrem Mann in der Ukraine zu telefonieren. Da bleibt wenig Zeit zum Nachdenken, wird mir übersetzt. "Sie muss sich eingewöhnen. Dass sie sich Sorgen macht, dass sie alles schafft. Sie vermisst vielleicht etwas, aber sie ist so eine Person, die sich darauf konzertiert, wo sie ist. Und momentan muss sie hier nachdenken, wie sie hier leben kann und ihre Kinder. Und deswegen will sie nicht immer traurig sein und über die Ukraine nachdenken." 

Ob sie in die Ukraine zurückkehren wird, kann sie noch nicht sagen. Erst einmal will sie hier in Deutschland weitermachen. Ganz ähnlich geht es auch Vita. Die studierte Rechtsanwältin kann hier ihren Beruf nicht ausüben – sie muss eine neue Ausbildung machen. Ihre Pläne übersetzt Olena. "Erst möchte sie von ganzem Herzen, dass dieser Krieg vorbei ist. Weil sie ohne Ende des Krieges keine Zukunft sieht. Solange es dort Krieg gibt, will sie hierbleiben und will sich auch in Deutschland anpassen und integrieren, dass sie hier gut leben kann."  

"Das tut richtig weh"

Um Anschluss zu finden, hat sie schon bei der Kleiderspende vom Roten Kreuz geholfen. Sie versucht, sich abzulenken, neue Leute kennenzulernen. Doch was in der Ukraine passiert, lässt Vita nicht los. "Sie hat im Moment Kontakt mit ihrem Cousin. Der kämpft dort. Sie hat ganz viele Sorgen, dass nicht nur ihr Cousin kämpft, sondern auch andere Männer. Und das tut richtig weh. Sie weint."

Später erzählt Vita, dass sie in Butscha gelebt hat und dort viele Freunde hatte. Also in der Stadt in der Nähe von Kiew, in der schreckliche Massaker verübt wurden. Und bei allem, was für Vita gerade noch offen ist, kann sie eines sicher sagen: "Sie kommt nie mehr zurück nach Butscha." Vita greift nach ihrer Tasse Cappuccino und versucht zu lächeln. Und sagt ein Wort, dass sie inzwischen gut kann: "Dankeschön". 

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