Wege aus der Wasserknappheit Brauchwasser statt Trinkwasser?

Waschen, Toilette spülen, Blumen gießen: Das meiste davon machen wir mit Trinkwasser. In Hessen kommt das fast ausschließlich aus dem Grundwsasser - und das könnte in Zukunft noch knapper werden. Welche Folgen das etwa im Hessischen Ried und im Vogelsberg hat und was man dagegen tun kann: ein Überblick.
Kahle Baumskelette, abgeplatzte Rinden. Die Buchen und Eichen im Jägersburger Wald bei Gernsheim zeigen deutlich: Ihnen fehlt Wasser. Das Hessischen Ried ist die größte Trinkwasserquelle für die Rhein-Main-Region. Und obwohl das Grundwasser seit über 35 Jahren künstlich auf einem gleichen Stand gehalten wird, liegt es deutlich tiefer als noch vor 50 Jahren.
"Wasserrecht fegt alle Belange weg"
Die Folge: Die Wurzeln der Bäume erreichen das Wasser nicht mehr. Das bewegt den ehemaligen Forstamtsleiter von Groß-Gerau Henner Gonnermann nach wie vor: "Für mich ist es ein Stück weit Zerstörung einer Lebensaufgabe. Wir konnten nicht viel tun. Das Wasserrecht ist so stark, dass es alle Belange wegfegt. Und das ist hier erbarmungslos durchgesetzt worden. Bis heute."
Auch aus dem Vogelsberg fließen jedes Jahr Millionen Kubikmeter Wasser nach Frankfurt. Und etwa in der Nähe von Gedern spitzt sich die Situation zu. Die Bäche im Vogelsberg werden überwiegend durch Grundwasser gespeist. Doch auch der Regen 2021 hat nicht wiedergutgemacht, was die Dürre in den drei Jahren zuvor verursacht hat.
Außer nach der Schneeschmelze laum noch Wasser
Das beobachtet der Ökologe Hans-Otto Wack, der in der Schutzgemeinschaft Vogelsberg aktiv ist. "Die müssten normalerweise um diese Jahreszeit gut Wasser führen", sagt er. Das tun sie aber nicht. "Was uns vor allem bedenklich stimmt: Die Trockenfallzeiten werden immer länger." Es gebe außer kurz nach der Schneeschmelze kaum noch Wasser in den Bächen. Das bedeute, das Grundwasser sei weg und es fließe nur noch Oberflächenwasser.
Schuld daran ist nicht nur der fehlende Niederschlag, sondern auch das warme Klima. Dadurch verdunstet mehr Wasser, die Pflanzen brauchen mehr und die Böden trocknen aus. So können sie kaum Wasser aufnehmen, wenn es doch einmal regnet.
Grundwasserneubildung könnte bis 50 Prozent abnehmen
Der Klimawandel wird das Problem verschärfen, glaubt Umweltforscher Thomas Kluge: "Die regionalen Klimamodelle sagen, dass die Grundwasserneubildung aus Niederschlag in naher Zukunft um 30 bis 40 Prozent abnehmen, in ferner Zukunft bis 50 Prozent." Das sei eine Menge Grundwasserabnahme.
Während es auf der einen Seite weniger Regentage geben wird, wächst das Rhein-Main-Gebiet. Es wird neu gebaut. 300.000 Wohnungen sollen allein in Frankfurt und Umgebung entstehen. Doch dabei muss sich etwas grundlegend ändern, so Kluge: "Es darf nicht mehr die Gleichung Schule machen: mehr Bevölkerung, mehr Wasserbedarf. Der Bedarf muss aufgeschlüsselt werden - in verschiedene Nutzungsarten des Wassers."
Alternative Brauchwasser
Heißt: Zum Beispiel die Toilette nicht mit Trinkwasser, sondern mit Brauchwasser spülen. Das umzusetzen sieht sogar der Hessische Koalitionsvertrag vor. Um die Vorgaben vom Land vor Ort umsetzen zu können, gibt es inzwischen den Wasserwirtschaftlichen Fachplan.
Doch für Hans-Otto Wack ist der noch zu ungenau: "Innerhalb dieses Rahmenwerks muss es sehr konkrete Vorgaben geben seitens der Regierungspräsidien, was tatsächlich umgesetzt werden soll und was zu kontrollieren ist. Denn ohne Kontrolle und konkrete Vorgaben ist es ein Papiertiger." Für ihn ist es höchste Zeit zu handeln. Denn beim Wasser geht es nicht nur um uns Menschen. Sondern auch um die Natur.