Michael Twitty steht in seiner Küche

In den Küchen der Sklavenhalter in den USA kochten fast ausschließlich Sklaven aus Afrika. Ihr Einfluss auf die amerikanische Küche ist entsprechend groß - und wird oft übersehen. Schwarze Chefköche in der Spitzengastronomie sind trotzdem eher selten.

Ein altes Steinhaus aus der Zeit der Revolution. An der Frontseite hängt ein gusseiserner Topf über dem offenen Feuer. Am Holztisch sitzt Michael Twitty und schneidet Zutaten – Zwiebeln, Tomaten, Hühnerfleisch und Okra, ein Gemüse, das mit den Sklaven aus Afrika nach Amerika kam. "Es gibt definitiv eine Schwarze Küche, die über den Atlantik mit Afrika verbindet", sagt er. Ihm geht es um das kulinarische Gedächtnis über Generationen hinweg. Die Schwarzen kommen an und mit ihnen ihre Küche, sagt er, und prägt das, was die weißen Siedler mögen.

Einfluss enorm - und oft übersehen

Ein Beispiel nennt die Kochbuchautorin Cheryl Alter Jamison: Barbecue. "Über Barbecue kann man nicht sprechen, wenn man nicht den afroamerikanischen Beitrag dazu sieht", sagt sie. Das, was typisches amerikanisches BBQ ausmacht - langsam im Rauch garen zum Beispiel und die für jede Region typischen Saucen -, wurde vor allem von Afroamerikanern mitgebracht und weiter entwickelt, wanderte von Ost nach West und entwickelt sich weiter, meist durch Afroamerikaner. 

Was die Afroamerikaner angeht, so Michael Twitty, war und ist ihr Einfluss auf das, was heute als Amerikanisch gilt, enorm und oft übersehen. In den Haushalten der Sklavenhalter waren es fast ausschließlich Sklaven, die für die Familien kochten. "Sie nehmen Dinge direkt aus dem Rezeptbuch des westlichen Zentralafrika und bringen Elemente davon in den englisch-europäischen Kontext. Tatsächlich kreieren sie 'amerikanische Gerichte'", sagt Twitty. Die Menschen träfen ihre eigenen Entscheidungen, was zur kulinarischen Tradition wird. "Sie nehmen zum Beispiel Pfeffer, wo es die Engländer nicht taten. Sie nehmen Gerichte der Native Americans und fügen etwas hinzu - Auberginen zum Beispiel oder Okra."

Wandel nach Ende des Bürgerkriegs

Mit dem Ende des Bürgerkrieges und damit der Sklavenbefreiung kommt ein dramatischer Wandel und eine Diskussion unter Afroamerikanern, die noch über 100 Jahre anhält: "Als die Bürgerrechtsbewegung entsteht, hatten wir als Volk eine Frage an uns selbst - wollen wir in diesen Küchen bleiben? Denn es war ja ein Stigma, wenn man für Weiße gekocht hat. Das wäre ja unterwürfig."

Und genau das passiert: Als Gegenreaktion vermeiden Afroamerikaner die Kochschulen und landen als Aushilfen in Restaurants. Bis heute ist es für Eltern der Schwarzen Mittel- und Oberschicht eine Katastrophe, wenn ihre Kinder eine Kochausbildung machen wollen. "Da entsteht ein interessanter Gegensatz", sagt Twitty. "Wir verlassen die Küche, weil das nicht als respektierter Beruf gilt. Auf der anderen Seite wird das zum prestigeträchtigen Beruf für weiße Köche."

Schwarze Chefköche in Spitzenrestaurants sind bis heute unterrepräsentiert. Und auch unter den plötzlich populären Fernsehköchen mit ihrem enormen Einfluss auf die amerikanischen Essgewohnheiten finden sich erst seit wenigen Jahren auch zunehmend Afroamerikaner.

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