Wahlkampfauftakt zur Bundestagswahl 2021 (Schwerin)

Die neuesten Zahlen des Deutschlandtrends belegen auch: Die AfD ist im Höhenflug. Die Umfragewerte nehmen zu. Was sind die Gründe dafür?

Alice Weidel, CO-Vorsitzende der AfD, steht auf einer Bühne in Erfurt. Selbstbewusst, mit kämpferischem Blick. "Diese Alternative für Deutschland wird Woche für Woche in den Umfragen stärker! Wir werden stärker!" Mit der AfD in Regierungsverantwortung gebe es kein Öl- und Gasheizungsverbot, kein Verbrenner- oder Kernkraftverbot, ruft sie ins Publikum. "Ist das Utopie? Ist das Träumerei? Ist das unrealistisch? Nein!", ruft Weidel.

Hoffnungsträger für die Zornigen

Die steigenden Umfragewerte geben ihr Recht. Die AfD ist so stark wie seit Jahren nicht mehr. Woran das liegt? Unter anderem an den ständigen Krisen der letzten Jahre, sagt der Politikwissenschaftler Wolfgang Schröder von der Universität Kassel. So werde die AfD zum Hoffnungsträger für die Zornigen, die Unzufriedenen, die Unsicheren. "Das Interessante dabei ist ja, dass man überhaupt nicht danach fragt, ob diese Partei ein eigenes, konkretes Angebot hat, um die vorhandenen Problemlagen besser angehen und lösen zu können. Sondern es geht rein darum, eine Plattform zu haben, die den Unmut zur Sprache bringt."

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„Das Interessante dabei ist ja, dass man überhaupt nicht danach fragt, ob diese Partei ein eigenes, konkretes Angebot hat, um die vorhandenen Problemlagen besser angehen und lösen zu können. “
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Hinzu komme: Zehn Jahre nach der Gründung der Partei haben sich viele offenbar an das Gedankengut der AfD gewöhnt. Und ihre Positionen würden immer häufiger von konservativen und rechten Zeitschriften und in Sozialen Netzwerken wiederholt - und auch von anderen Parteien übernommen. Vor ein paar Jahren wäre diese Aussage von CDU-Chef Friedrich Merz womöglich undenkbar gewesen: "Wir erleben mittlerweile einen Sozialtourismus dieser Flüchtlinge. Nach Deutschland – zurück in die Ukraine."

Tabubrüche werden salonfähiger

Werden rechte Aussagen somit immer denkbarer - immer sagbarer? Zumindest bleibt es still im politischen Diskurs, wenn AfD-Chef Tino Chrupalla auf einem rechtsextremen Blog von den "Niederlagen Deutschlands" in den Weltkriegen spricht. Er sagt dort, die Frage der "Schuld" sollte doch besser durch die Frage nach den "Errungenschaften" jeder Zivilisation ersetzt werden. Ähnliches sagte auch schon sein Vorgänger Alexander Gauland, in seinem stark kritisierten Vogelschiss-Zitat. Hier war die Empörung groß. Bei Chrupalla: Stille.

Denn Tabubrüche würden immer salonfähiger, sagt der Sozialwissenschaftler Alexander Häusler von der Fachhochschule Düsseldorf: "Die große Gefahr ist, dass die klassischen Themen der Rechten zu den Themen der Mitte werden. Und wir können sehen, worin das endet: Dass einfach diese rechten Parteien hoffähig gemacht werden."

Doch statt sich stärker abzugrenzen, arbeiten die anderen Parteien auf kommunaler Ebene mittlerweile auch mit der AfD zusammen. Vor allem in ostdeutschen Ländern, so der Politikwissenschaftler Wolfgang Schröder. "Also insofern gibt es eine Normalisierung, Akzeptanzpolitik gegenüber rechtspopulistischen, rechtsextremen Positionen durch demokratische Parteien, vor allem von unten kommend." Nächstes Jahr stehen drei Landtagswahlen in ostdeutschen Bundesländern an. Hier ist die AfD in den Umfragewerten besonders stark. Auf Landes- oder Bundesebene wollen die anderen Parteien bisher nicht mit der AfD zusammenarbeiten.

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