Urlaub in der Modellregion: Sylt empfängt wieder testweise Touristen. (dpa)

In Zeiten des Klimawandels wird Nachhaltigkeit in allen Bereichen unseres Alltags immer wichtiger. Co2 einsparen, aber auch ethisches und sozial gerechtes Handeln sind Stichworte der Nachhaltigkeitsdebatte in unserer Gesellschaft. Auch beim Thema Reisen. Viele Reiseanbieter bieten deshalb „nachhaltige Reisen“ an. Wie sinnvoll ist das?

Eine Traumwanderung durchs Piemont mit Übernachtung in einer Berghütte. oder vielleicht lieber mit den Kids auf den Biobauernhof in Slowenien?, auch der Strandurlaub auf Korfu ist  im Angebot von Renatour – ein Reiseanbieter, der sich Natürliches Reisen auf die Fahnen geschrieben hat. Firmengründer Roland Streicher weiß, dass nachhaltiges Reisen auch ein Umdenken erfordert. "Brauche ich einen Pool, wenn ich am Meer Urlaub mache? Einen Mietwagen vor dem Hotel oder gibt es vielleicht einen gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr? Muss es 'all inclusive' sein oder ist das Essen in einheimischen Restaurants nicht vielleicht sogar spannender, authentischer und gesünder? Ich fühle mich in einem Hotel eindeutig wohler, wenn ich sehe, dass es den Mitarbeitenden dort gut geht. Das hängt mit einer fairen Bezahlung der Arbeitskräfte zusammen. Das sind alles Beispiele für Fragen, die man sich schon bei der Urlaubsplanung stellen sollte. Denn oft buchen wir ja aus Gewohnheit Dinge mit, die wir gar nicht brauchen."

Auch die entscheidende Frage nach einer Fernreise stellt er. Denn 80 Prozent der Emissionen entstehen allein durch An- und Abreise: Mal kurz für drei Tage in die Südsee jetten oder das Wochenende auf Mallorca, das sorgt spätestens seitdem Friday for Future den Klimawandel zum beherrschenden Thema gemacht hat, für ein schlechtes Gewissen bei immer mehr Verbrauchern. "Eine wichtige Faustformel dabei ist: Je weiter weg es geht, desto länger sollte man bleiben. Dass Urlaub in der Nähe per se umweltfreundlicher ist als Urlaub in der Ferne. Dennoch soll natürlich auch die Fernreise weiterhin möglich sein. Aber sie soll etwas Besonderes bleiben."

Fernreisen ja, aber dann möglichst lange bleiben

Dieser bewußtere Umgang bezieht sich auch auf die Situation der Reisenden vor Ort. Das Forum "Anders Reisen" vertritt 130 Reiseanbieter, die ganz genau darauf schauen, sozial gerechte Zielländer anzubieten. Geschäftsführerin Petra Thomas nennt das „Augen ins Land bringen“. "Tourismus wird nicht umsonst auch in der internationalen Agenda 2030 als ein Motor bezeichnet, wie man vor Ort Wertschöpfung vorantreiben kann, wie man wertschätzende Arbeitsplätze schafft, wie man Natur in Wert setzen kann", sagt sie. "Und dieser Impuls, der vom Tourismus ausgehen kann, kann eben auch für eine veränderte Entwicklung in einem Land sorgen. Das ist zwar eine schmale Gratwanderung – man muss sehr genau entscheiden pro Land und pro Produkt, das man anbietet, wie trägt es dort zur Wertschätzung bei, wer profitiert von diesen Reisen und wer eben auch nicht."

Der Anbieter "Wikinger Reisen" zum Beispiel hat eigens eine Stiftung gegründet, um soziale Projekte im globalen Süden zu fördern, und so eine CO2-Kompensation zu leisten. Grundsätzlich gilt: Bei umweltbewußten Urlaubern ist das nachhaltige Reisen voll im Trend. Also, Bahn, Rad oder Wandern: und das in der Nähe: Deutschland ist ohnehin das Touristikland Nummer Eins für die meisten Deutschen - nur 8 Prozent reisen stattdessen in die Ferne.

Sendung: hr-iNFO "Aktuell", 22.5.2023, 15 bis 19 Uhr