Areal Kennedyallee mit Frankfurter Brücken

Eine begrünte Brückenlandschaft mit Wohngebäuden darauf, kein privater Autoverkehr und ganz viel Leben: So stellen sich die Entwickler der "Frankfurter Brücken" in Zukunft Teile ihrer Stadt vor. Ingenieure, Städteplaner und Architekten haben ein Konzept erarbeitet gegen Wohnungsnot und für mehr Nachhaltigkeit. Nicht alle in der Stadt sind jedoch so begeistert davon wie die Macher selbst.

Unten auf den Straßen Autos und Verkehrslärm – oben auf den Brücken eine grüne Idylle. Das soll schon bald Wirklichkeit werden, wenn es nach den Visionären der „Frankfurter Brücken“ geht. Mehr als 100 überwiegend junge Menschen haben in den letzten drei Jahren daran gearbeitet. Angehende Architekten, Städteplaner und Ingenieure, sowie Professoren verschiedener Fachrichtungen.

Auch Yannick Feige gehört zum Team. Der Landschaftsarchitekt hat die Begrünung der Brücken mitgeplant: "Die Grundidee war, dass wir gesehen haben, dass Wohnungsknappheit herrscht." Dann habe man sich überlegt - Stichwort Innenstadtverdichtung, Nachverdichtung -, was man dagegen tun könne. Irgendwann sei man auf die großen Einfahrtsschneisen gekommen. Dabei handle es sich um Flächen, die schon versiegelt seien und ökologisch nicht den höchsten Wert hätten. "Dann haben wir überlegt, wie man diese Flächen denn noch anderweitig nutzen kann und sind dann auf das Thema der Frankfurter Brücken gekommen", erzählt Feige.

So unterschiedlich wie die Bevölkerung

Die Stiftung „Altes Neuland“ hat die Ausarbeitung des Konzepts finanziert. Es sieht vor, dass sich bald ein Brückennetz quer durch Frankfurt zieht. Unter anderem auch über den Baseler Platz, die Kennedyallee, über die Darmstädter und Hanauer Landstraße und über den westlichen Arm der A 66. Schön sollen die Brücken werden, keine hässlichen Klötze. Außerdem sollen sie gut passen zu den Frankfurter Einwohnern, die ja ihre Wurzeln in vielen Kulturen der Welt haben. So sollen auch die Brücken unterschiedlich sein – ein Mix aus verschiedenen Baustilen. Über der Kennedyallee sind zum Beispiel Betonpfeiler geplant: "Die Säulen stehen an der Kennedyallee alle acht Meter und sind circa einen Meter breit. Es gibt aber andere Beispiele an der Gartenstraße. Dort gibt es auch Stahlbauweise, was dann eben noch filigraner ist. Wir haben aber auch eine Bauweise, wo ganz viel mit Glas gearbeitet wird", sagt Yannick Feige.

Auf den Brücken sollen Wohngebäude für 35.000 Menschen entstehen. Privaten Autoverkehr soll es nicht geben, die Menschen können zu Fuß gehen oder selbstfahrende Autos nehmen, ähnlich wie Taxis. Und es soll "ganz viel Leben stattfinden", so Feige: "Dass eben auch die Leute, die dort wohnen, auch direkt vor Ort das Leben genießen können und auch Cafés, Supermärkte und Restaurants haben. Aber auch einfach abends nach dem Feierabend auf einer Grünfläche entspannen können."

Positive Nebeneffekte

Und Grünflächen - davon würde es oben reichlich geben. Ökologische Aspekte sind den Konzept-Entwicklern sehr wichtig. Selbstverständlich sind auch Solaranlagen angedacht, meint Yannick Feige. "Was aber auch ein sehr guter Nebeneffekt der Brücke ist: dass Regenwasser genutzt werden kann, das auf die Brücken fällt. Und dass Abwärme von Rechenzentren genutzt werden kann, dass die Brücke quasi auch als Leitungs-Infrastruktur dient."

Dass sich junge Menschen vom Fach solche Gedanken um die Zukunft machen, freut Torsten Becker. Er ist Stadtplaner und Vorsitzender des Frankfurter Städtebaubeirats – ein Gremium von Fachleuten, das die Stadt in allen Baufragen berät. Die grundsätzlichen Ziele seien auch aus seiner Sicht begrüßenswert, sagt er. Es gehe ja um die Mobilitätswende, um Klimaanpassung, einen anderen Umgang mit Stadtgrün und Wasser. "Was ich allerdings schlecht finde an dem Entwurf", sagt Becker, "sind die Konsequenzen, die die Planung dann hervorrufen würden. Die Brücken würden das Straßenleben dort zerstören. Die Erdgeschosse von den Häusern wären im Grunde nicht mehr nutzbar. Also es hätte insgesamt sehr große Nachteile auf die Bebauung, auf den öffentlichen Raum in den betroffenen Straßen.“

Stadtplaner will keine bombastischen Großprojekte

In der Tat wäre es in den Gebäuden direkt an den Brücken wohl ziemlich ungemütlich mit der Brücke vor dem Fenster. Und noch mehr: Torsten Becker hält das gesamte Konzept für unrealistisch: "Es gab ja auch schon Versuche, in so eine Richtung zu denken. Und das hat ja auch seinen Grund, warum all diese Ideen, in die zweite oder dritte Ebene zu gehen, nicht umgesetzt wurden. Es ist einfach viel zu komplex und nicht beherrschbar.“ Sein Wunsch für eine realistische Zukunft: bitte keine bombastischen Großprojekte. "Die Zukunft der Städte liegt meines Erachtens eher in kleinteiligen Maßnahmen, die man Schritt für Schritt umsetzen kann, die auch resilient sind, die beherrschbar sind, die den menschlichen Maßstab wahren.“

Das klingt nicht so, als ob das Konzept der „Frankfurter Brücken“ im wirklichen Leben eine Chance hat. Yannick Feige träumt trotzdem schon von der Umsetzung: "Die ersten Abschnitte könnten meiner Meinung nach schon in den nächsten zehn Jahren angefangen werden zu bauen.“

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