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Kinder, die ihre eigenen Stärken kennen und sich selbst und andere mögen, lernen besser und mit mehr Freude. Diese Überzeugung setzt sich immer mehr durch, auch an Schulen. Weil im normalen Unterricht dafür oft kein Platz ist, führen immer mehr Schulen das Unterrichtsfach Glück ein. Auch eine Grundschule in Frankfurt.

An der Heinrich-Seliger-Schule soll ab dem kommenden Schuljahr Glück unterrichtet werden. Aktuell läuft schon eine Projektwoche an der Schule rund ums Thema Glück. Quasi als kleiner Vorgeschmack. Die Klassen 1a und b studieren gerade ein Theaterstück ein. In „Wer küsst den Frosch?“ geht es um einen Frosch, der auch einmal geküsst werden möchte. Was macht uns eigentlich glücklich? Diese Frage stellen sich aktuell alle an der Heinrich-Seliger-Schule Kinder und Lehrkräfte, jahrgangsübergreifend. "Treffen mit Freunden, in den Urlaub fahren, mit dem Haustier spielen", antworten die befragten Schulkinder darauf, was sie denn glücklich mache.

Alle Klassen machen in dieser Woche etwas anderes zum Thema Glück, verrät Schulleiterin Silke Mühl: "Wir haben die Kinder gefragt, was sie glücklich macht, und jede Klasse konnte selber entscheiden, was das für ein Projekt wird. Und wir haben Hühner für eine Woche hier zu Besuch, weil die Kinder finden, dass Haustiere sie glücklich machen. Wir haben Kinder, die etwas in Gemeinschaft oder für Gemeinschaft machen, die sammeln Müll. Wir haben zwei erste Klassen, die machen zusammen ein Theaterstück."

Im Schulalltag wenig Platz für Glück

Die Projektwoche ist aber erst der Auftakt. Ab dem kommendem Schuljahr will Silke Mühl Glück als eigenes Fach einführen. Als Pilotprojekt in einer Jahrgangsstufe. "Das Wichtigste ist, dass wir gesunde, gestärkte Kinder haben", sagt die Schulleiterin. "Kinder, die überhaupt in der Lage sind, zu lernen. Und das kann man nur, wenn es einem gut geht. Wir haben das ganz oft, dass Kinder sagen: Das kann ich nicht. Und das sind Sachen, dass sollen sie hier nicht sagen bei mir. Die Kinder sollen sich ihrer Stärken bewusst sein!"

Was uns langfristig glücklich mache, seien Beziehungen und das Gefühl dazuzugehören. Glück als eigenes Schulfach sei nötig, weil es in der Schule neben Mathe, Deutsch und Englisch ansonsten kaum noch Platz dafür gebe. Die Idee hatte Silke Mühl nach der Corona-Pandemie, als die Stimmung bei allen an der Schule im Keller war: "Wir hatten keine AGs mehr, wir hatten eigentlich nichts mehr, was schön war. Deutlich gemerkt haben wir das auch im Kollegium, da hatten wir einen hohen Krankenstand. Mir gings nicht gut, meinen Kollegen gings nicht gut, den Kindern ging es ganz deutlich nicht gut. Und dann habe ich letztes Jahr geguckt, was ich da machen kann."

Schulfach "Glück" entstand vor 16 Jahren

Im ersten Schritt legte Silke Mühl einen Schulgarten an, in dem inzwischen Tomaten, Kürbisse, Pfefferminze und vieles mehr wächst. Dann machte sie ein Jahr lang eine Fortbildung am Fritz-Schubert-Institut für Persönlichkeitsentwicklung in Heidelberg. Ernst Fritz-Schubert, selbst ein ehemaliger Schulleiter, hat vor 16 Jahren das Schulfach Glück entwickelt.

Ihm zufolge geht es dabei nicht um die Suche nach dem schnellen Glück, sondern darum, die Persönlichkeit zu entwickeln und die eigenen Bedürfnisse befriedigen zu können. "Diese Bedürfnisse zielen darauf ab, irgendwo geborgen zu sein, irgendwo selbst bestimmen zu können, vielleicht den Sinn im Leben zu finden, sich selber zu achten, vielleicht sich selber weiterentwickeln zu können", so Fritz-Schubert. "Das alles sind Faktoren, die eigentlich dazu beitragen, dass wir die Möglichkeit haben, tatsächlich für uns Glück zu finden."

Inzwischen wurde Glück an über 200 Schulen in Deutschland, Österreich, Italien und der Schweiz eingeführt. Und bald auch an der Frankfurter Heinrich-Seliger-Schule. Auch wenn es noch an einigen Stellen hapert, z.B. an der Finanzierung der Fortbildung für weitere Kolleginnen und Kollegen. Um Glück als Schulfach wirklich dauerhaft im Stundenplan zu etablieren, ist es also noch ein weiter Weg. Doch ein Anfang ist gemacht. Und Schulleiterin Silke Mühl ist jedenfalls überzeugt davon, dass die Kinder profitieren werden – auch schon im Grundschulalter.

Sendung: hr-iNFO "Aktuell", 21.06.2023, 6 bis 12 Uhr