Teller werden angerichtet

In Frankreich öffnet in dieser Woche das erste Restaurant in einem Gefängnis. Das ungewöhnliche Projekt soll den Insassen, die dort kochen und servieren, den Einstieg in ein neues Leben erleichtern. Für Ausbilder und Gäste ist einiges anders, als sie es aus herkömmlichen Restaurants kennen.

Die Vorspeisen: vegan mit Kürbis, Kräutern, Aprikose und Passionsfrucht-Vinaigrette oder mit Tigermilch gebeizte Dorade und Rindercarpaccio. Der Hauptgang Lamm-Crumble oder vegetarisch. Zum Dessert Karamelläpfel.  "Beaux mets“ (schöne Gerichte) heißt das Restaurant im einst berüchtigtsten Knast des Landes im Süden von Marseille, in dem Häftlinge kochen und servieren. Unter Aufsicht von Wachpersonal in schusssicheren Westen.

Messer werden vorher durchgezählt

Zwölf Insassen am Ende ihrer Haftzeit sind dabei, geben zu Protokoll, im Restaurant ihre Haft zu vergessen, sich im Kopf frei zu fühlen und müde, aber zufrieden in ihre Zelle zurückzukehren. Jeffrey Sandiford mit kurzen schwarzen Locken ist einer von ihnen. "Nicht alle Gefängnisinsassen sind Sonderfälle", sagt er der französischen Nachrichtenagentur AFP, die beim Testkochen drehen darf. "Es gibt auch welche, die nutzen ihr Hirn und ihre zwei Hände. Das hier beweist, dass einige es schaffen und sich in der Arbeitswelt orientieren können, wenn sie rauskommen."

Emsig schneidet Sandiford mit einem Riesenmesser Süßkartoffeln. Die Messer werden nach dem Service, der nur an Werktagen und mittags angeboten wird, sorgsam weggeschlossen und vorher durchgezählt von Sandrine Sollier. Die Küchenchefin hat bereits in einem Drei-Sterne-Restaurant gearbeitet. "Sie haben keine Ausbildung. In Sternerestaurants hat selbst die Küchenhilfe eine Lehre gemacht oder Beruf mit Abi. Aber wir haben uns Zeit genommen, ihnen die Schneidetechniken beizubringen, die Regeln in der Küche. Sie haben  gut gelernt und sind doppelt so entschlossen wie Leute von draußen."

Lernen, Regeln zu respektieren

Selbst wenn sie nicht Koch oder Kellner werden, sagt die Chefköchin und drapiert buntes Gemüse auf einem Teller, hätten sie vielleicht einen geselligeren Tag als bei Spaziergängen im Gefängnishof. Der Name des Restaurants „Beaux Mets“– mit seiner hellen Holztheke, Stühlen und Servietten in Hummerrot - leitet sich von dem des Gefängnisses ab: "Baumettes". Das war noch 2005 für den Europarat das schlimmste, dreckigste Frankreichs. Doch ehe einem der Appetit vergeht: 2018 wurde ein Neubau eingeweiht, 2024 soll der nächste folgen. Das Küchenprojekt reiht sich ein.

Christine Charbonnier, Generalsekretärin des Marseiller Strafvollzugs, sieht die Vorteile: "Lernen, Regeln zu respektieren, gut zu kommunizieren nicht nur mit Insassen, sondern auch mit Betreuern. Zu einem Kollektiv gehören. Werte wie Solidarität entdecken. Sich in eine Gruppe einordnen. Wie bei der Freilassung: seinen Platz in der Gesellschaft zu finden, ist nicht gerade einfach."

Jeder Gast muss durch die Sicherheitsschleuse

In der Küche müsse man organisiert und diszipliniert sein. Wichtig für Menschen, die lange nicht auf dem Arbeitsmarkt waren, sagt Armand Hurault. Er leitet einen Wiedereingliederungsverein und hat das Restaurant in Marseille gegründet. Die Kundschaft  kann dort drei Gänge für 35 Euro genießen. Kein Schnäppchen, aber: "Ein Restaurant innerhalb eines Gefängnisses bringt einige Schwierigkeiten, aber auch eine einzigartige Erfahrung. Man darf zum Beispiel sein Handy nicht mitnehmen, kann ganz willkommen abschalten. Buchen muss man vier Tage im Voraus."

In der Zeit wird jeder Gast auf Vorstrafen geprüft. Und natürlich muss er durch die Sicherheitsschleuse. Die von AFP begleitete Testphase hat das Restaurant bestanden. Nun gibt es täglich 40 Gedecke zu servieren. Seine neue Aufgabe ist ganz nach Jeffreys Geschmack.

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