Eine Pflegekraft begleitet eine alte Frau im Pflegeheim

Um Pflegekräfte zu gewinnen, gehen Krankenhäuser inwischen auch ungewöhnliche Wege. Etwa mit dem Modell "flexpool". Das Motto: Arbeite, wann du willst! Wie das funktioniert, zeigt das Beispiel des Klinikums Hersfeld-Rotenburg.

Seit Anfang März arbeitet Stefanie Groß wieder, obwohl sie zwei Kinder hat, die morgens in die Schule müssen. Die 40-Jährige aus Heringen im Kreis Hersfeld-Rotenburg ist gelernte Krankenschwester. Sie hat eine Dreiviertelstelle, arbeitet vormittags sechs Stunden im Klinikum Hersfeld-Rotenburg. Trotzdem kann sie ihre Kinder nachmittags um 14.30h pünktlich wieder aus der Betreuung abholen. "Ich bin alleinerziehend", sagt sie. "Und mit Kindern kann man Schichtdienst nicht vereinbaren. Nicht um sechs Uhr morgens und nicht bis abends um 22 Uhr. Das funktioniert nicht, und deswegen war das ein großer Grund, hierher zu wechseln.

Möglich macht es der Flex-Pool des Krankenhauses in Bad Hersfeld. Flex-Pool steht für flexibler Arbeitspool. "Arbeite wann du willst", ist das Motto. Die Arbeitszeiten werden schon im Bewerbungsgespräch festgelegt. Die Flex-Pool-Beschäftigten sind aber keine Angestellten zweiter Klasse, betont die Pflegedirektorin Birgit Plaschke: "Aus meiner Sicht ist der Unterschied, dass die Flex-Mitarbeiterin zwar eine flexible Arbeitszeit hat, aber auch flexible Einsätze von Bereichen hat, während der Stammmitarbeiter in der Regel nur in seinem Bereich tätig ist und keine anderen Bereiche kennt."

Geregelter Ablauf

Auch das Gehalt ist gleich: Eine Vollzeit-Krankenschwester, die seit fünf Jahren im Beruf ist, verdient 3.100 Euro brutto. Wer nur die Hälfte arbeitet, bekommt auch nur exakt die Hälfte. Schon 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind seit dem Start vor acht Monaten dabei. Ein überraschender Erfolg. Auch Kinderkrankenschwester Inka Poser kann nur deshalb wieder ihrer Arbeit nachgehen: "Das ist einfach sehr gut mit der Familie zu vereinbaren. Mein Mann arbeitet nur im Frühdienst, hat auch Bereitschaften an Wochenenden. Und es ist einfach flexibel. Man kann sein Kind in den Kindergarten bringen. Man weiß, man kommt allein zurecht, ohne jetzt noch irgendjemand anderen von der Familie mit einspannen zu müssen. Man hat einfach einen regelten Ablauf."

Das Klinikum Hersfeld-Rotenburg wirbt besonders bei Facebook und Co. für das Flex-Pool-Modell. Die meisten erfahren aber durch Mundpropaganda aus der Belegschaft davon. Das größte Problem aber bleibt: Die meisten wollen vormittags arbeiten, nachmittags fehlen Pflegekräfte - genauso wie nachts und am Wochenende. Da hilft auch kein Flex-Pool.

Frei heißt frei

Deshalb ringt Pflegekraft-Werberin Imke Albowitz schon bei der Einstellung um Kompromisse: Man bekommt den Vormittagsjob nur, wenn man auch bereit ist, am Wochenende zu arbeiten. "Wichtig ist es einfach, die Versprechen, die im Bewerbungsgespräch gegeben werden, auch einzuhalten als Unternehmen", sagt sie. "So ist bei uns beispielsweise klar: frei heißt frei. Das heißt, niemand wird angerufen, wenner frei hat - was im Krankenhauswesen nicht alltäglich ist."

Und vielleicht, so der kleine Hintergedanke, möchte eine Flex-Pool-Mitarbeiterin dann doch irgendwann mal auf eine feste Station wechseln

Sendung: hr-iNFO "Aktuell", 30.06.2023, 6 bis 12 Uhr