Ein Kabelpaket mit den Glasfaserkabelsträngen, die in die Häuser und Wohnungen verlegt werden liegt zur Info auf dem Tisch.

Corona-Zeit ist Homeoffice-Zeit. Das ist zumindest die Erfahrung vieler Bürojobber in Hessens Städten. Dazu braucht es aber am besten schnelles Internet und guten Handy-Empfang. Das ist nicht überall in Hessen garantiert.

Ober-Laudenbach ist so, wie man sich eine hessische Exklave in Baden-Württemberg vorstellt. Der Heppenheimer Stadtteil (Bergstraße) zählt rund 770 Einwohner, liegt mitten im Odenwald und kommt so verschlafen wie sympathisch daher. Wer die Hauptstraße kennt, kennt praktisch den ganzen Ort. Die wenigen Querstraßen sind fast alles kurze Sackgassen, an deren Ende sich der hügelige Wald schmiegt. Wer Ruhe sucht, der findet sie hier ganz sicher. Vielleicht sogar ein bisschen zu viel davon.

"Wir sind quasi der einzige Stadtteil Heppenheims, der im Funkloch lebt – und das schon seit vielen Jahren", erklärt Ortsvorsteherin Susanne Benyr (CDU). Heißt: Das Handy können Sie in Ober-Laudenbach getrost in der Tasche stecken lassen. Es wird ihnen nicht helfen. Weder beim Telefonieren, noch beim Surfen im Internet.

Löcher in der Abdeckungs-Landkarte

Ober-Laudenbach steht mit seinem Problem nicht alleine da in Hessen. In ländlicheren Gegenden im Süden, Osten und Norden des Landes sind Funklöcher keine Seltenheit. Auch das mobile Surfen im Netz wird dort an einigen Stellen schwierig. Laut TÜV Rheinland sind zwar 97,2 Prozent der Landesfläche mit LTE versorgt, das bedeutet aber auch, dass 2,8 Prozent der Fläche nicht vom sogenannten 4G-Netz profitiert.

Wer dort mobil arbeiten soll, könnte bereits Probleme bekommen. Im Landkreis Bergstraße sind laut TÜV 99,37 Prozent der Fläche ans LTE-Netz angeschlossen. Ober-Laudenbach gehört zu den restlichen 0,63 Prozent.

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Modellkommune Eichenzell

Ein krasses Gegenbeispiel ist Eichenzell (Fulda) in Osthessen. Hier ist das Arbeiten, ob nun mobil oder von zu Hause, quasi ein Kinderspiel. Die 11.000-Seelen-Gemeinde hat frühzeitig erkannt, dass Digitalisierung ein Standortvorteil sein kann – und schon 2012 mit dem Bau eines Glasfasernetzes begonnen. Heute sind gut 80 Prozent der Häuser in Eichenzell an die Datenautobahn angeschlossen. "Ich würde behaupten, keine andere Gemeinde in Hessen, möglicherweise in Deutschland, hat eine ähnliche Infrastruktur wie Eichenzell", sagt Bürgermeister Johannes Rothmund (CDU) stolz. "Die Leistungsfähigkeit unseres Glasfasernetzes ist meiner Kenntnis nach einzigartig in Europa."

Zwischen 12 und 13 Millionen Euro hat man sich das Glasfasernetz damals kosten lassen. Doch die Investition hat sich gelohnt. Neue Firmen haben sich in Eichenzell angesiedelt, darunter ein leistungsstarkes Rechenzentrum, das man sonst nur in Großstädten findet. Die Nachfrage nach Gewerbegrundstücken ist größer als die vorhandenen Flächen. "Wir wollen Modellkommune sein und zeigen, dass Digitalisierung gerade im ländlichen Raum Sinn macht", so Rothmund. Die Investition hat sich für Eichenzell schon jetzt rentiert.

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Licht am Ende des Tunnels

Im südhessischen Ober-Laudenbach kann man sich noch an die Zeiten erinnern, als es noch keinen Internetanschluss gab. Damals musste der Besitzer des Gasthauses "Zum Kaiserwirt" noch einigen besorgten Frauen am Telefon bestätigen, dass ihre Männer tatsächlich bei ihm zu Gast sind. Dass ihre Gatten weder per Internet noch per Handy erreichbar sind, war für viele schlicht nicht vorstellbar. "Wir haben eigentlich ein schönes Dorf, eine gute Anbindung, aber es können viele nicht glauben, dass wir keinen Mobilfunk haben", sagt Ortsvorsteherin Benyr.

Nun aber ist Licht am Ende des Mobilfunktunnels in Ober-Laudenbach. Nach zähem Ringen bekommt der Heppenheimer Stadtteil nun endlich einen eigenen Funkmast. Der Bau hat vor wenigen Wochen begonnen. Zufrieden sind damit aber auch nicht alle im Dorf. Die Idylle wird durch den 40 Meter hohen Mast gestört, so die Befürchtung. Dafür kann man bei einem Notfall in Ober-Laudenbach schon bald einen Krankenwagen rufen – und zwar ohne zuerst ein Festnetz-Telefon zu finden.