Fußabdruck

Was bewirkt unser persönlicher Lebensstil? Wie viel können wir ausrichten zum Beispiel mit Blick auf den mittlerweile berühmt gewordenen CO2-Fußabdruck? Das Konzept stammt übrigens von sehr interessierter Seite.

Das Konzept des CO2-Fußabdrucks vermittelt den Eindruck: Ich als Individuum bin verantwortlich für meine Emissionen. Nicht die Regierungen, nicht die Unternehmen, nicht die Ölkonzerne. Bekannt gemacht hat das Konzept ausgerechnet der Ölkonzern BP. Thomas Lemke, Professor für Soziologie, Schwerpunkt Natur und Gesellschaft, an der Frankfurter Goethe-Universität, ordnet das so ein: "Das ist schon eine Ablenkungsstrategie von dem eigentlichen Problem. Also das Unternehmen müsste, um sich neu zu erfinden, die gesamten Geschäftsaktivitäten auf erneuerbare Energien konzentrieren. Aber dass sie an dem fossilen Geschäftsfeld festhalten, zeigt eigentlich, dass es nur darum geht, die Fassade zu polieren."

Wie viel kann ich denn als einzelne Verbraucherin wirklich fürs Klima tun? Der Klimawissenschaftler und Biophysiker Felix Creutzig, Professor an der TU Berlin, hat sich für den aktuellen Weltklimabericht mit dieser Frage beschäftigt. Offenherzig gibt er zu: Nicht nur als Wissenschaftler habe er bei der intensiven Beschäftigung mit dem Thema viel gelernt, sondern auch als Verbraucher habe er tatsächlich sein Verhalten geändert: "Ich wusste vorher schon, dass Fleisch jetzt nicht so toll ist, aber zu sehen, wie viele Emissionen da wirklich drinstecken indirekt, das hat mich dann nochmal schwererer beeindruckt. Seitdem esse ich höchstens einmal im Monat Fleisch. Und das hätte ich nicht gemacht, wenn ich nicht gesehen hätte, wie viel das eigentlich ist."

Ernährung ein wichtiger Hebel

Kein Fleisch mehr zu essen – tatsächlich ist das einer der stärksten Klimaschutz-Hebel auf individueller Ebene. Wer vorher viel Fleisch gegessen hat und auf komplett vegane Ernährung umstellt, spart jährlich eine ganze Tonne CO2 ein. Wer „nur“ Vegetarier wird etwas weniger. Ernährung, stellt der UN-Klimabericht fest, ist ein Bereich, in dem man als Einzelner viel erreichen kann. In anderen Bereichen dagegen sieht es ganz anders aus. Verkehr zum Beispiel: Viel wichtiger als individuelle Entscheidungen, schreiben die Forscher, sei die richtige emissionsarme Verkehrsinfrastruktur. 

"Wenn ich im Vorort wohne und die Eltern müssen auf der anderen Seite der Stadt zur Arbeit und es gibt keinen ÖPNV, dann würde ich den Eltern kein schlechtes Gewissen machen, dass sie trotzdem mit dem Auto fahren, darum geht es eben nicht", sagt Felic Creutzig. Es gehe vielmehr darum zu ermöglichen, dass man auch ohne Auto dahinkommen kann. "Das ist wichtiger als zu sagen, ich fühl mich jetzt ganz schlecht, weil meine Emissionen bei zwei, drei oder vier Tonnen sind. Das ist nicht gut fürs Klima, aber liegt auch dran, dass es uns schwergemacht wird, uns anders zu verhalten."

Weg vom schlechten Gewissen

Zum Glück, sagt der Klimawissenschaftler, sind wir ja nicht nur Verbraucherinnen und Verbraucher, sondern auch politische Wesen, die aus ihrer Sicht sinnvolle Klimaschutzmaßnahmen einfordern können – zum Beispiel eine U-Bahn-Anbindung für ihren Stadtteil. Auch Soziologe Thomas Lemke findet: Lieber drauf schauen, was geht: "Darum muss es gehen, nicht um die Kultivierung eines schlechten Gewissens, sondern eine Vision des Guten, von dem Menschen sagen, da wollen wir hin, zum Beispiel die autofreie Stadt als ein Zugewinn an Lebensqualität. Also weg vom schlechten Gewissen hin zum kollektiven Guten, um es mal ganz pathetisch auszudrücken." 

Die Quintessenz? Mein Lebensstil, mein CO2-Fußabdruck, hat viel mit der Klimaerhitzung zu tun, klar. Alleine verantwortlich bin ich als Verbraucherin trotzdem nicht. Und ein schlechtes Gewissen – das ist fürs Klima wenig hilfreich. 

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