S-Bahnhaltestelle in Frankfurt

Wer morgens mit Bus und Bahn zur Arbeit will, hat es seit einigen Monaten oft schwer: In ganz Hessen werden immer wieder kurzfristig Fahrten gestrichen. Wo hakt es besonders? Und warum? Ein Überblick.

Eine Störung im Stellwerk, eine defekte Bahn oder Verzögerungen im Betriebsablauf: Es gibt viele Gründe, warum Züge zu spät oder manchmal gar nicht kommen. Pendler kennen das nur zu gut. Bei den S-Bahnen im Rhein-Main-Gebiet sorgt momentan noch ein weiterer Faktor für zahlreiche Ausfälle: erkrankte Fahrer und Stellwerksmitarbeiter.

Pendler etwa an der Frankfurter Hauptwache bekommen das täglich mit: "Es kommt mit erschreckender Regelmäßigkeit momentan morgens die Durchsage, dass Züge wegen des Personalmangels ausfallen. Die werden ersatzlos gestrichen und die Leute werden wirklich da stehengelassen", sagt ein Mann. Das zu ertragen sei schon "langsam schwer", sagt eine Frau, "vor allem bei den Preisen."

Krankenstand höher als sonst

Auch eine Frau aus Wiesbaden steht am Bahnsteig und wartet lange auf die nächste S-Bahn. Viele Züge nach Wiesbaden fahren im Moment nur bis Kelsterbach. "Das nervt sehr, auch natürlich wegen Busausfällen insgesamt, es fehlen ja auch Busse in Wiesbaden", sagt sie. "Das bekomme ich jeden Tag, wenn ich zur Arbeit möchte mit, weil ich kein Homeoffice machen kann durch meine Tätigkeit."

In Wiesbaden fallen schon seit mehr als einem halben Jahr zahlreiche Busse aus, der Fahrplan wurde auf den meisten Linien reduziert. In Frankfurt sind jetzt eine Bus- und eine Straßenbahnlinie vorübergehend eingestellt, weil so viele Fahrer gleichzeitig erkrankt sind, erklärt Bernd Conrads, Sprecher der Frankfurter Verkehrsgesellschaft (VGF): "Das ist tatsächlich ein bunter Mix aus Corona, das ist immer noch da, und den in dieser Jahreszeit üblichen Erkältungskrankheiten und auch Grippeerkrankungen. Linien ganz ausfallen zu lassen, das ist schon ein krasser Unterschied zu sonst." Dass einzelne Fahrten ausfielen, könne leider immer passieren. Dass aber ganze Linien gestrichen würden, sei tatsächlich eine Folge eines Krankenstandes, der höher sei als in den vergangenen Jahren.

Personaldecke ist häufig dünn

Auch in anderen Teilen Hessens bereitet das große Probleme: zum Beispiel auf der Kurhessenbahn von und nach Kassel. Schon seit dem Sommer werden hier immer wieder Züge gestrichen. Doch in vielen Fällen liegt das nicht allein an erkrankten Mitarbeitern.

Die Personaldecke ist häufig dünn, weil der ÖPNV-Branche insgesamt Nachwuchskräfte fehlen, sagt Lars Wagner vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV): "Wir haben schon jetzt einen großen Nachbesetzungsbedarf. Wir reden darüber, dass wir bis 2030 74.000 Beschäftige aufgrund des demografischen Wandels nachbesetzen müssen, die dann einfach freiwerdende Stellen hinterlassen. Das kriegen wir jetzt schon am Arbeitsmarkt nicht mehr richtig gedeckt, vor allem natürlich im Bereich des Fahrpersonals, also dem größten, dem personalintensivsten Bereich."

Mangel könnte sich noch verschärfen

Die Konkurrenz um Auszubildende, Quereinsteiger und Facharbeiter ist - wie in anderen Branchen auch - groß. Hinzu kommt die Herausforderung, dass das ÖPNV-Angebot in Deutschland bis 2030 deutlich ausgeweitet werden soll. Um Klimaschutzziele zu erreichen – so die Vorgabe der Politik. Dazu bräuchte man aber noch viel, viel mehr Mitarbeiter als heute. Der Personalmangel im Bus- und Bahnverkehr könnte sich deshalb in den kommenden Jahren sogar noch verschärfen.

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