Meldung der Deutschen Presse-Agentur: Zeitenwende ist Wort des Jahres 2022

Am 27. Februar 2022 sprach Bundeskanzler Olaf Scholz erstmals von einer Zeitenwende. Seither hat sich Vieles verändert - nicht nur in der Politk, sondern auch im Alltag der Menschen in Deutschland. Ein Überblick über die Zeit nach der Zeitenwende.

Russlands Angriffskrieg vor einem Jahr veränderte Deutschland von jetzt auf gleich: "Wir erleben eine Zeitenwende, und das bedeutet: Die Welt danach ist nicht mehr dieselbe wie die Welt davor", sagte Bundeskanzler Scholz. Alte Gewissheiten verschwanden. Putins Handeln sollte ab nun nicht mehr hingenommen werden. Hundert Milliarden Euro Sondervermögen für eine neue, stärkere Bundeswehr wurden beschlossen. Scharfe Sanktionen der EU gegen Moskau, kein billiges Gas, Öl und Kohle mehr aus Russland. Die Energiepreise stiegen in ungekannte Höhen, die Inflation auf fast neun Prozent.

Entlastungspakete, Flüssiggas-Terminals, Neun-Euro-Ticket

Die Ampel-Regierung schnürte Entlastungspakete, das Neun-Euro-Ticket machte viele süchtig nach fast kostenlosem ÖPNV. Über eine Million Flüchtlinge kamen aus der Ukraine nach Deutschland. In Rekordzeit wurden Flüssiggas-Terminals an Nord- und Ostsee hochgezogen, um das russische Gas zu ersetzen. Die befürchteten Blackouts bei Strom und Heizung traten nicht ein.

Widerstand gegen Waffenlieferungen entstand ganz rechts, in der Linkspartei und auch bei anderen, vor allem im Osten Deutschlands. Der angekündigte heiße Herbst aber blieb aus. Kanzler Scholz galt vielen als Zögerer und Zauderer. Unionsfraktionschef Friedrich Merz vermisste die von Scholz versprochene Führung: "Von dieser Führungsbereitschaft in geteilter Verantwortung ist bei diesem Bundeskanzler und bei dieser Bundesregierung nichts, aber auch gar nichts zu sehen."

Helme, Raketenwerfer, Panzer

Erst nur 5.000 Helme, dann Flugabwehrraketen und Panzerfäuste, dann die Luftabwehrkanonen Gepard, dann Haubitzen, Raketenwerfer, Flugabwehrsysteme, schließlich der Schützenpanzer Marder und jetzt der Kampfpanzer Leopard. Deutschland lieferte mit am meisten, aber zu langsam, hieß es vor allem in Osteuropa - wie beim estnischen Außenminister Urmas Reinsalu, der im ZDF kritisierte: "Es war immer dasselbe: Zombie-Argumente wurden hervorgebracht, die Waffensysteme seien zu kompliziert für die Ukrainer und es brauche zu lange, um sie daran auszubilden. Beide Argumente haben sich als falsch herausgestellt."

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht trat im Januar zurück, Boris Pistorius folgte ihr nach. Er verkündete, Deutschland wird Leopard-Panzer liefern, zusammen mit den Verbündeten. Die Kritik an Olaf Scholz ist mittlerweile stark zurückgegangen. Jetzt sagte der Kanzler im Interview bei Maybrit Illner: "Tatsächlich ist es aber so, dass wir als Deutsche ja mittlerweile ganz vorne anstehen, wenn es darum geht, die Ukraine zu unterstützen. Nicht nur finanziell und humanitär, sondern eben auch, wenn es um Waffenlieferungen geht."

"Zeitenwende hat Deutschland verändert"

Die Zeitenwende hat Deutschland verändert, meint die Politikwissenschaftlerin Claudia Major im ZDF: "Deutschland hat sich enorm bewegt. Es ist aber gemessen an dem, was wir machen müssten, was wir versprochen haben und was andere von uns hoffen, zu wenig." Aber die Ampel will jetzt auch vieles andere Aufgeschobene wieder angehen und streitet schon darüber - wie Windkraftausbau, Kindergrundsicherung, Milliarden für die Bahn.

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