Natalie Dedreux

Krankenkassen zahlen seit 2022 in begründeten Fällen einen Test, bei dem vor der Geburt festgestellt werden kann, ob ein Kind das Down-Syndrom hat. In solchen Fällen sind Spätabtreibungen erlaubt. Als Betroffene sei das wie Tötung, sagt Natalie Dedreux. Sie setzt sich für mehr Inklusion und Akzeptanz von Menschen mit Behinderung ein und sagt: Ihr Leben sei doch cool!

Ein Thema liegt Natalie Dedreux gerade besonders am Herzen, das trägt sie auch oft offen zur Schau: mit ihrem "Fuck Nazis"-T-Shirt. Nathalie mag keine Nazis. Denn die mögen keine Menschen mit Behinderung, haben sie während ihres Regimes systematisch getötet. "Jaja, die mochten uns nicht, Hitler auch nicht. Der will uns loswerden, Euthansaie-Opfer", sagt Natalie.

Natalie klagt an, im hr3-Sonntagstalk mit Bärbel Schäfer im Januar, bei dem sie mit ihrer Mutter zu Gast ist. Und die junge Frau mit Down-Syndrom sieht in der Euthanasie der Nazis und dem heute möglichen Bluttest auf Trisomie 21 in der Schwangerschaft eine Verbindung. Für sogenannte Risikoschwangerschaften wird dieser Bluttest seit Juli 2022 von Krankenkassen übernommen. Natalie ist gegen die Abtreibung von Ungeborenen mit Down-Syndrom und hat daher vor einigen Jahren eine Petition gegen die Kassenübernahme gestartet. "Als eine Betroffene ist es wie eine Tötung", sagt sie. Menschen wie sie sollen nicht aussortiert werden, fordert Natalie.

"Wir sind keine kleinen Kinder"

Sie ist ein politischer Mensch. Ihre Mutter glaubt, das komme daher, dass sie von Kindesbeinen an inklusiv betreut und beschult wurde. So kam ihre Tochter mit allen Themen in Kontakt. Auch Natalie ist für inklusive Schulen, die Bildung für alle sei so besser: "Dass wir zusammen und voneinander lernen können."

Natalie ist 24 Jahre alt, schreibt als Journalistin für die Zeitschrift Ohrenkuss – eine Zeitschrift, für die ausschließlich Menschen mit Down-Syndrom schreiben. Ihre Themen: die Situation von Geflüchteten in Deutschland, der Krieg in der Ukraine, das Nazi-Regime. Dazu interviewt sie Filmemacher, Musiker und Schauspieler, schreibt Porträts über geflüchtete Familien. Vergangenes Jahr ist ihr Buch erschienen, der Titel: "Mein Leben ist doch cool". Man fühle sich "echt cool damit,", sagt sie, "hier kommt eine Person wie ich zu Wort. Weil ich sage ja, ein Down-Syndrom ist cool. Es ist halt deswegen cool, dass Menschen wie ich ein normales Leben haben und führen können."

Sie engagiert sich für mehr Respekt für und Sichtbarkeit von Menschen mit Trisomie 21. Es geht ihr um den Umgang auf Augenhöhe – ohne Vorbehalte. "Bei manchen sieht man das schon, die haben Angst, was man zu uns sagen soll und wie man uns dabei nennt. Ich merke halt schon die Reaktion, das ist halt ein bisschen blöd für uns. Weil es wird ja auch gedacht, wir sind wie kleine Kinder, aber sind wir ja nicht", sagt Natalie.

Treffen mit Steinmeier und Merkel

Zum Beispiel werde sie oft ungefragt geduzt – das gehe nicht. Von zu Hause ist sie ausgezogen, wohnt jetzt in einer inklusiven WG in Köln, zwei mit und zwei ohne Down-Syndrom. In Köln ist sie geboren und aufgewachsen. Von dort reist sie seit Jahren oft zu Aktionen für Menschen mit Trisomie 21, trifft sich mit Politikerinnen und Politikern, diskutiert mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier über Inklusion, hält Reden für die Bundeszentrale für politische Bildung und vor EU-Parlamentariern in Brüssel. "Oft wird gedacht, dass wie Menschen mit Behinderung nicht an Politik interessiert sind, aber das ist Unsinn."

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Buchtipp

"Mein Leben ist doch cool!: Unsere Welt und was ich dazu zu sagen habe"
Von Natalie Dedreux
Knaur Verlag

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Sie will die Politik und die Gesellschaft zu mehr Inklusion von Menschen mit Behinderung bewegen. In der Wahlarena zum Bundestagswahlkampf 2017 hat Natalie der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel von der CDU die Frage gestellt, warum Babys mit Down-Syndrom bis kurz vor der Geburt abgetrieben werden können: "Ich bin da sehr gerne die Sprecherin. Auch mit der Merkel hab ich mal gesprochen, das ist ja auch wirklich geil", erzählt sie.

Kampf für mehr Rechte

Dafür hat Natalie den Bobby verliehen bekommen, einen Preis vom Verein der Lebenshilfe – einem Bündnis, das sich für mehr Inklusion von Menschen mit Beeinträchtigungen einsetzt. Auch Natalie will mehr Rechte für Menschen wie sie durchsetzen – fordert Mindestlohn in Behindertenwerkstätten, Wahlrecht für alle Menschen mit Behinderung und dass die politische Teilhabe im Alltag leichter wird. Das fange schon bei einer leichteren Sprache in den Medien an: "Das heißt ja auch, dass wir Menschen mit Behinderung geachten werden müssen, dass es für uns mehr leichte Sprache gibt."

All das sind Themen, über die Natalie mit ihren Auftritten in Fernsehen, Radio, Zeitungen und über Social-Media aufmerksam macht. Ihrem Instagram-Kanal folgen fast 15.000 Menschen. Sie hofft, darauf noch mehr gesehen zu werden – ihre Botschaft dabei immer: Das Leben mit Down-Syndrom ist doch cool!

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