Abfall im Bahnhofsviertel

Schillernd und schäbig zugleich – so könnte eine Beschreibung für das Frankfurter Bahnhofsviertel lauten. Derzeit regen sich viele Menschen über die aktuellen Zustände dort auf: offener Drogenkonsum etwa, Müll, Straßenraub. Das Thema beschäftigt Polizei, Stadt und Anwohner. Aber wie könnte eine Lösung aussehen?

Das Frankfurter Bahnhofsviertel – das Tor zur Stadt. In unmittelbarer Nähe zum Hauptbahnhof, am sogenannten Kaisersack, sitzen Drogenabhängige an einem Bauzaun und zünden ihre Crackpfeifen an. In der Niddastraße ist der beißende Uringestank kaum zu ertragen. Auf dem Bürgersteig setzen sich Junkies Heroinspritzen - rund 50 Meter von einer Hilfseinrichtung entfernt. Touristen, Pendler und Anwohner schauen unterschiedlich auf die Zustände, teils mögen sie das Bahnhofsviertel wie es ist, teils ist es doch sehr dreckig und unangenehm.  

So sieht es auch Frankfurts neuer Polizeipräsident Stefan Müller. Er hat sich im Bahnhofsviertel umgesehen. Bei seiner Antrittsrede spricht er von einer Multi-Problemlage: „Klassisches Milieu, wie ich es noch kenne, Straßenraub, Straßenhandel von Betäubungsmitteln, Prostitution, Müll, Sperrmüll, ein beißender Uringeruch, Obdachlosen- und Trinkerszene, eine große Baustelle in der B-Ebene des Bahnhofs, um nur ein paar Skizzen zu benennen.“

Die Situation ist durch Corona noch weiter verschlimmert worden

Der Polizeipräsident sagt, im Bahnhofsviertel würden Menschen Dinge anstellen, die sie woanders nicht machen würden. Er denkt deshalb über mehr Polizeipräsenz nach und sucht das Gespräch mit der Stadt.

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„Das in meinen Augen herausragendste Problem ist, die menschenunwürdige Situation und das Elend vieler Menschen in der Niddastraße. Hier besteht akuter Handlungsbedarf.“ Stefan Müller, Polizeipräsident Stefan Müller, Polizeipräsident
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Denn sowohl Stadt als auch Polizei müssten ihre Hausaufgaben machen, sagt Müller. „Das in meinen Augen herausragendste Problem ist jedoch die menschenunwürdige Situation und das Elend vieler Menschen in der Niddastraße. Hier besteht akuter Handlungsbedarf.“

Zwei Dinge haben die Drogenszene und ihre Probleme sichtbarer gemacht: zum einen die Corona-Pandemie, zum anderen der aktuelle Umbau der B-Ebene im Hauptbahnhof. Es gibt keine Verstecke und Rückzugsräume mehr für die Süchtigen. Die Bauzäune rund um den Bahnhof dienen als Treffpunkt. Frankfurts Ordnungsdezernentin Anette Rinn (FDP) sagt, die Stadt müsse es schaffen, den offenen Drogenkonsum von der Straße in die Hilfseinrichtungen zu verlagern.  „Es hat ja auch keinen Sinn, da jetzt irgendeine Verdrängung zu starten. Weil dann passiert das eben alles in anderen Stadtteilen. Da ist auch niemandem gedient.“

Mögliche Lösungsansätze sind vorhanden

Ein Problem: Die professionellen Hilfseinrichtungen sind zwar vorhanden, doch um eine Crack-Pfeife zu rauchen, braucht ein Abhängiger nur wenige Sekunden. Dafür nutzt er einen Hauseingang – aber keinen Rauchraum.

Gesundheitsdezernent Stefan Majer (Grüne) sagt, dass er das Crack-Problem mit Experten erörtern möchte: „Es gibt manche Fachleute, die sagen zum Beispiel, dass Cannabis diesen extrem aufgeregten Crack-Usern helfen könnte, wieder runterzukommen. Wenn der Bund uns das erlauben würde, würden wir es gerne mal ausprobieren.“  

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„Es gibt manche Fachleute, die sagen zum Beispiel, dass Cannabis diesen extrem aufgeregten Crack-Usern helfen könnte, wieder runterzukommen.“ Stefan Majer, Gesundheitsdezernent Stefan Majer, Gesundheitsdezernent
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Außerdem holt sich die Stadt Frankfurt Tipps aus Zürich, die ähnliche Probleme in den Griff bekommen hat. „In Zürich ist es der Polizei und der Drogenhilfe lieber, wenn der sogenannte Ameisenhandel, der Kleinhandel zwischen Drogenabhängigen, in den Einrichtungen stattfindet. Dafür wird auf der Straße richtig hart kontrolliert. Bei uns läuft es leider genau andersrum.“

Die Stadt will in den nächsten Wochen ein Koordinierungsbüro im Bahnhofsviertel eröffnen - eine weitere Einrichtung, um die Multi-Problemlage in den Griff zu bekommen.

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