Durch Botox-Injektionen in die Magenwand soll sich die Magenbewegung verringern. Deutsche Experten sehen den Eingriff jedoch mit Skepsis.

Eine Spritze gegen die Wampe: Kliniken in der Türkei preisen Magen-Botox als ideale Lösung gegen Bauchfett an. Auch Patienten aus Deutschland nutzen das Angebot. Jetzt sind einige Fälle von Vergiftungen nach solchen Eingriffen bekannt geworden. Eine Expertin erklärt, worauf man unbedingt achten sollte.

Suzan Akgül geht es Ende Februar nicht gut. Die 32-jährige Hamburgerin lässt sich in einem Istanbuler Krankenhaus Magen-Botox spritzen. Einer türkischen Medienagentur erzählt sie später: "Drei Tage nach dem Eingriff hab ich Sehstörungen bekommen, ich hab meine Augenlider nicht öffnen können." Ihr sei gesagt worden, das seien normale Nebenwirkungen. Sie habe Atemprobleme, Probleme beim Schlucken, sie bekomme Essen nicht mehr ohne Wasser runter, sonst bleibe es im Hals stecken. "Ich bin extrem müde und hab keine Kraft in meinen Armen und Beinen. Ich bin 32, fühle mich aber wie 82."

Gut über Arzt und Klinik informieren

Sie hat offenbar eine gefährliche Vergiftung erlitten, wie genau ist noch nicht klar. Allein in Deutschland sollen insgesamt zwölf Frauen betroffen sein, schreibt das Robert-Koch-Institut, in der Türkei laut Medien ein Vielfaches davon. Der Facharzt Mustafa Taşkın vermutet in dem Agenturbericht: "Wenn Botox nicht der staatlichen Kontrolle unterzogen wird, ist das sehr gefährlich. Denn bei Botox ist es wichtig, die Kühlkette einzuhalten. Wird die unterbrochen, wird das Botox schlecht. Das ist die größte Gefahr."

Die Istanbuler Anwältin Ayfer Uyanik ist Expertin für Medizinrecht. Sie rät, sich im Vorfeld eines solchen Eingriffs gut über den Arzt, die Klinik und gegebenenfalls auch über den Patientenvermittler zu informieren. "Nur die Ärzte und Kliniken und Patientenvermittler, die lizensiert sind vom Gesundheitsministerium, die dürfen Gesundheitstourismus machen." Uyanik hält es für immens wichtig, dass Patientinnen und Patienten auch aus dem Ausland den Behandlungsvertrag nicht erst kurz vor dem Eingriff bekommen. Darin sollten zum Beispiel Informationen zu den genauen Leistungen auch im Fall von Komplikationen stehen, zum Arzt und auch zu den Kosten.

"Habe meine Gesundheit verloren"

Nach dem Eingriff sollten Patientinnen und Patienten unbedingt eine Kopie ihrer Patientenakte mitnehmen, rät die Istanbuler Fachanwältin. Im Fall von Suzan Akgül hätte das helfen können. Sie ist mit ihren Beschwerden in Deutschland erstmal zu ihrem Hausarzt gegangen. Der hat sie ins Krankenhaus geschickt, erzählt sie. "Weil aber die Ärzte nicht genau wussten, welcher Eingriff gemacht wurde, welches Medikament in welche Stellen des Magens gespritzt wurde, haben sie sich mit der Behandlung schwer getan."

Die Vergiftungsfälle nach der Magen-Botox-Behandlung haben erste Folgen. Das türkische Gesundheitsministerium geht gegen die betroffenen Krankenhäuser vor und lässt die Fälle untersuchen. Die Türkei will Medizintourismus ausbauen. Negative Schlagzeilen und die Geschichte von Suzan Akgül aus Hamburg sind da kontraproduktiv. "Ich war eine gesunde Frau, ich bin mit großen Erwartungen in die Türkei gereist, wollte schlank werden, um gesunder zu leben", sagt sie. "Aber jetzt habe ich meine Gesundheit verloren."

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Wissenswert: Magen-Botox

Beim Magen-Botox handelt sich um ein endoskopisches Verfahren, das durch den Mund und ohne Vollnarkose durchgeführt wird. In der Folge soll sich die Magenbewegung verringern. Ziel ist eine länger anhaltende Sättigung. Die Botox-Injektionen in die Magenwand werden etwa für Menschen beworben, die bislang mit Diät und Sport nicht abnehmen konnten. 

Die Behandlung sieht eine deutsche Fachgesellschaft mit Skepsis. "Der Nutzen dieses Eingriffs ist bisher nicht gut genug belegt. Wir beobachten das kritisch und sprechen keine Empfehlung aus", sagte der Präsident der Vereinigung der Deutschen Ästhethisch-Plastischen Chirurgen, Detlev Hebebrand. Im seriösen Bereich gebe es für Magen-Botoxbehandlungen in Deutschland bisher keinen großen Markt. [mehr auf mdr.de]

Quelle: MDR

Statement der Deutschen Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie: RKI warnt vor Vergiftungen bei "Magen-Botox"
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