Frankfurter Bahnhofsviertel

Wird alles immer schlimmer im Frankfurter Bahnhofsviertel? Oder war es schon immer so, wie es eben ist? Reporter Johan Gallwitz hat sich die Lage vor Ort angeschaut und mit Menschen gesprochen, die diese Frage beantworten können.

Es hat gerade geregnet im Bahnhofsviertel. Den Müll und den Geruch in den Straßen hat der Schauer nicht weggewaschen. Auf dem Bürgersteig hat sich jemand übergeben. Alte Plastiktüten, Becher und Pizzakartons pflastern an vielen Stellen die Straße. Ist es schlimmer geworden? Das können nur Menschen sagen, die hier seit vielen Jahren arbeiten, leben und gut vernetzt sind.

An der Münchener Straße steht Schuhmacher Alexander Dohn in seinem Schaufenster. Seit elf Jahren arbeitet er hier. Dohn sagt: Ja, es ist schlimmer geworden. "Manchmal muss ich mir meinen eigenen Parkplatz von Scherben befreien, die Mülleimer quillen über, die Obdachlosen setzen sich zwischen die Autos und verrichten ihr Geschäft. Nach einem halben Tag ist der Putztrupp eigentlich wieder fällig."

Müll, Urin und Kot

Zwei Querstraßen weiter muss Manuel Weber auf dem Bürgersteig zwei übervollen Mülltonnen ausweichen. Er ist Ortsvorsteher für die Bewohner des Bahnhofsviertels. Wenn ein Bewohner eine Beschwerde hat, landet sie meist in seinem Postfach. Die Mails seien deutlich mehr geworden in letzter Zeit. "Ich kriege da auch regelmäßig Mails von Anwohnern, die halt genau das sagen: Überall liegt der Dreck rum, und es ist nicht nur Müll", sagt Weber. "Oft ist es eben auch Urin, Kot. Das ist eben auch ein ganz großes Problem, wo mir Anwohner auch schreiben, dass in die Hauseingänge uriniert wird oder auch größere Geschäfte erledigt werden und die da reintreten."

Auch der Lärm in den Straßen habe zugenommen, berichten ihm die Anwohner: "Dann entsteht Streit zwischen den Drogenabhängigen oder den Dealern. Und dann ist es einfach laut. In der Nacht, wenn sie auf der Straße vor den Häusern sind, wird einfach rumgeschrien - und das teilweise ohne Unterbrechung."

"Das Elend sammelt sich auf engerem Raum"

Ob Müll, Lärm und Geruch wirklich schlimmer geworden sind –Tom Holz ist sich unsicher. Er hat 18 Jahre lang im Bahnhofsviertel als Sozialarbeiter niedrigschwellige Drogenhilfe angeboten, gibt mittlerweile Touren durch das Viertel. "Ich finde, es riecht genau wie früher", meint er. Aber auch er bestätigt: Das Elend sei deutlich sichtbarer geworden. "Ich glaube, dass der Raum im Bahnhofsviertel enger wird. Das Elend sammelt sich auf einem engeren Raum und das ist eindrücklicher."

Das Elend im Bahnhofsviertel – mal ist es sichtbarer, mal weniger sichtbar; mal mehr, mal weniger präsent in den Medien. Ob die Lage wirklich schlimmer geworden ist, darüber sind auch Ladenbesitzer, Anwohner und Sozialarbeiter nicht immer einer Meinung. Aber dass sie schon seit langem nicht besser geworden ist, das bestätigen sie alle.

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